Schloss Purkersdorf
Bundesforste sanierten um 1,4 Mio. Euro

 

Ein besonderes Gebäude im Immobilienportfolio der Österreichischen Bundesforste (ÖBf) stellt das Schloss Purkersdorf dar. Die erste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr 1255 zurück, stolze 502 Jahre lang, nämlich von 1500  – 2002, befand sich hier durchgehend die Forstverwaltung Purkersdorf. Vier je dreigeschoßige Flügel bilden einen nahezu quadratischen Innehof. Die stark gegliederte Nordfront weist elf, der Südflügel neun und die Westfront fünf Fensterachsen auf. Das Tor befindet sich in einem zweiachsigen, turmartigen Anbau an der Nordseite des Gebäudes.
Die letzten größeren Sanierungsarbeiten fanden vor rund 40 Jahren statt. Die mittlerweile geänderten technischen, sicherheitsrelevanten und optischen Anforderungen sowie der nicht gegeben gewesene Zustand der Barrierefreiheit haben die zeitgemäße Nutzung des Gebäudes nicht mehr zugelassen. Aus diesem Grund hat sich der Forstbetrieb Wienerwald entschlossen, umfangreiche Sanierungs- und Adaptierungsarbeiten an dem betagten Bestandsgebäude in Angriff zu nehmen.
Nach intensiver Planung – involviert waren das Architekturbüro w30 aus Waidhofen an der Ybbs als Generalplaner (zuständig für Ausschreibungen,Vergaben, Polier-, Einreich- und Ausführungsplanung), die Stadtgemeinde und das Bezirksgericht Purkersdorf, als Bauherr die Bundesforste und last but not least das Bundesdenkmalamt – konnte im September 2016 mit den umfangreichen und komplexen Umbauarbeiten begonnen werden.

Barrierefreiheit im Fokus

Vorgesehen war die komplette Sanierung der Fassade, die Anpassung der Elektrik an heutige Standards, die Renovierung des Innenhofs und des Gebäudezugangs, die Adaptierung der Innenräume in großen Teilen der ersten und zweiten Obergeschoße, der Einbau eines Aufzugs zwecks Schaffung eines barrierefreien Zugangs zu den öffentlich genutzten Bereichen, vor allem des u. a. hier angesiedelten Bezirksgerichts, die Erneuerung sämtlicher Fenster sowie die Instandsetzung aller Außenanlagen.


Bauhistorische Befundung

Als Basis für die Sanierungsmaßnahmen dienten ein Bauzeitalterplan bzw. eine im Zeitraum Oktober 2015 bis August 2016 stattgefundene Begutachtung des Gebäudekomplexes bzw. die da-raus resultierende Bauhistorische Befundung, die vom Wiener Experten Mag. Ralf Gröninger  im Auftrag der Österreichischen Bundesforste, Forstbetrieb Wienerwald, erstellt wurde.
Die wesentlichen Aussagen dieser Befundung beziehen sich auf einen mittelalterlichen Kern der Anlage (Quelle: Bauhistorische Befundung Schloss Burkersdorf 2015/16 von Mag. Ralf Gröninger): „ Im Erdgeschoss ergaben die Sondagen, dass hier zumindest an der östlichen Querwand, die in einer Linie mit der Westwand des Bergfrieds liegt, aufgrund der massiven Steinbauweise noch mittelalterliche Bausubstanz vorliegt ...“.
... „Die senkrecht anschließende, west-ost verlaufende Wand zeigt an der Außenseite Mischmauerwerk aus Ziegeln mit plattigen Bruchsteinen, an der Innenseite massives Ziegelmauerwerk. Dieses Ziegelmauerwerk diente höchstwahrscheinlich als Vorblen-dung des Auflagers des erhaltenen Segmentbogengewölbes. Die Außenseite könnte auch eine Vorblendung älteren Mauerwerks sein. Das Mischmauerwerk zeigt an, dass es zumindest noch dem 16. Jh. angehört, womit vielleicht eine Errichtung im Zuge der mutmaßlichen Umbauten zum „Waldamt“ um 1500 oder ein Wiederaufbau nach dem Türkenkrieg von 1529 baulich fassbar wäre. Ob der dahinter liegende Mauerkern ebenfalls dieser Periode angehört oder älter ist, bleibt unklar. Die Mauerdicke beträgt hier rund 95 cm: Rechnet man beidseitig rund 30 cm für Ziegelvorblendungen (jeweils 15 cm) sowie Putzdicken (5 cm) ab, so würde die Dicke des Mauerkerns noch 60 cm betragen, was allemal für eine zweigeschoßige Hofwand eines mittelalterlichen Wohnbaus ausreichen würde ...“.
... „Die Fassadenbefundung konnte an einigen Stellen noch mittelalterliches Quadermauerwerk nachweisen. Es ist jedoch nur mehr in wenigen Lagen erhalten, soweit an den vom Putz freigelegten Stellen erkennbar. An der Südfassade sind im Originalverband noch bis zu 5 Quaderlagen sichtbar. Hier konnte eine Sondage auch noch die mittelalterliche Fundamentmauer aus Quadern nachweisen. Es ist davon auszugehen, dass das Fundament der mittelalterlichen Ringmauer noch weitgehend erhalten ist ...“.
... „Die Innenhoffassaden zeigen im Westen und Süden fast ausschließlich Ziegelmauerwerk, nur vereinzelt kommen Quader oder Bruchsteine vor. An der Ost- und Nordfassade des Hofes überwiegt ebenfalls Ziegelmauerwerk, das hier jedoch partiell (spolierte) Bruchsteine und Quader einbindet. Lediglich an der Nordfassade liegen in kleinteiligen Bereichen Bruchstein/Quader-Verbände vor, die möglicherweise noch mittelalterlichen Ursprungs sein könnten. Für eine genaue Bestimmung sind diese Bereiche jedoch zu kleinteilig ...“.

Denkmalschutzauflagen

Da es sich bei Schloss Purkersdorf also zweifelsfrei um ein historisch relevantes Gebäude handelt, waren von Seiten des Denkmalschutzes – DI DDr. Patrick Schicht vom Landeskonservatorat NÖ des Bundesdenkmalamts – eine Vielzahl von Auflagen zu erfüllen. So wurden beispielsweise die bestehenden Verbundglasfenster im gesamten Gebäude nach historischem Vorbild auf Leistenstockpfosten-systemfenster aus Lärche (außen) und Fichte (innen) rückgebaut, die im Bereich des Bezirksgerichts mit Sicherheitsglas ausgestattet wurden – fachmännisch produziert und montiert von der in Rohrendorf bei Krems ansäßigen Firma PSP HOLZ GmbH. Durch die Farbwahl der gut proportionierten Kastenfenster ergab sich eine neue Charakteristik im optischen Erscheinungsbild des Schlosses.
Die Fassade und die Innenräume wurden mit Kalkputzen und -farben saniert und bestehende Steinböden nicht entsorgt, sondern die einzelnen Platten an anderer Stelle wiederverwendet.  
„Spannend“ war unter anderem der Einbau des Aufzugs, der nicht – wie ursprünglich geplant – außen an der Innenhoffassade, sondern innerhalb des Gebäudes durch bestehende Gewölbe bis in den ausgebauten Dachboden geführt wurde. „Geschuldet“ war diese spezielle Liftplatzierung dem im Gebäude eingemieteten Bezirksgericht, dessen Ansprüche bzw. der Befriedigung derselben ein Sicherheitsstiegenhaus mit unterschiedlichen Brandabschnitten notwendig machten.

Bei laufendem Betrieb
 
„Entgegen der landläufigen Mär“, betonen DI (FH) Kristina Albel vom ÖBf-Immobilienmanagement und DI Johannes Wimmer, Leiter des ÖBf-Forstbetriebs Wienerwald , „haben wir keinen Schatz und auch keine weiße Frau gefunden, wohl aber einen vermauerten, unterirdischen Gang.“
Zeitlich parallel zu den Bauarbeiten musste in den Praxen und im Bezirksgericht während der gesamten Bauphase der Betrieb aufrecht erhalten werden. Vor allem während des Gewölbedurchbruchs im Zuge der Errichtung des Aufzugs und den nachfolgenden Stemmarbeiten war über einen längeren Zeitraum eine nicht unerhebliche Lärm- und Staubbelästigung gegeben. Umstände, die von der einen Seite viel Verständnis, von der anderen viel Flexibilität notwendig machten.
Trotz anfänglicher Bauverzögerung konnte das Gebäude in der vorgesehenen Zeit fertiggestellt und auch der Kostenrahmen von 1,4 Mio. Euro€ eingehalten werden.
„Retrospektiv können wir auf einen zeitintensiven und oft nicht ganz reibungslosen, aber sehr spannenden und interessanten Bauablauf zurückblicken“, resümiert DI (FH) Kristina Albel. Ende April 2017 wurden sämtliche Bereiche an die Mieter übergeben, die nun in einem instandgesetzten und barrierefrei zugänglichen, historischen Baujuwel mitten in Purkersdorf wohnen und arbeiten.   

            
          Quellen Text und Fotos:
Österreichische Bundesforste: – DI (FH) Kristina Albel / Bernhard Siller / Christoph Panzer;
Historische Bauforschung & Archäologie Mag. Ralf Gröninger, Wien

Projektpartner Schloss Purkersdorf

 

Bauherr: Österreichische Bundesforste

Generalplanung: w30 Bauplanung & Innenarchitektur GmbH, Waidhofen an der Ybbs

Historische Bauforschung & Archäologie: Mag. Ralf Gröninger, Wien

Fenster, Türen, Tore: PSP HOLZ GmbH, Rohrendorf

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