Kulturzentrum Mattersburg
Betonrestaurierung und Denkmalschutz
Zur Veranschaulichung der Schritte einer Betonrestaurierung wird das Kulturzentrum Mattersburg vorgestellt. Das Kulturzentrum in der burgenländischen Bezirkshauptstadt Mattersburg war als Pilotprojekt das erste Kulturzentrum im Burgenland. Es wurde nach Plänen des Architekten Herwig Udo Graf in den 1970er-Jahren errichtet.
Es ist als skulpturaler Solitär entworfen, die Oberflächen sind zum größten Teil nackte Sichtbetonflächen. Im Parapetbereich (unter halb der Fenster) wurden Waschbetonplatten vorgehängt. Im Laufe der Zeit wurden mehrere Umbauarbeiten und Ergänzungen zum Bestand vorgenommen. Aufgrund baulicher Mängel wurde das Kulturzentrum Mattersburg 2014 geschlossen. Danach stand es ein halbes Jahrzehnt lang leer und ergo ein Abriss und Neubau im Raum. Aufgrund seiner Bedeutung – nicht nur im architektonischen Sinne als beispielhafter Vertreter des österreichischen Brutalismus, sondern auch im kulturpolitischen Sinne – stellte das Bundesdenkmalamt durch Bescheid vom 14. November 2016 fest, „dass die Erhaltung bestimmter Teile des Kulturzentrums in Mattersburg im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Unterschutzstellung bezieht sich auf die Erhaltung der Außenerscheinung des Nordtrakts (Festsaaltrakt), des Brunnens an der Südseite und des Steinblocks mit der Inschrift. ... Das Bundesdenkmalamt hält fest, dass auch die Architektur des späteren 20. Jahrhunderts – und dazu zählen selbstverständlich markante Bauten im Stil des Brutalismus – ein wesentlicher Teil unseres kulturellen Erbes ist ...“.
Sämtliche Bauarbeiten im Bereich des KUZ Mattersburg wurden nach Plänen der Holodeck architects ausgeführt. Diesen Plänen lagen komplexe Überlegungen zugrunde, galt es doch, ein Gebäudeensemble zu schaffen, das das Kulturzentrum, das Landesarchiv, die Landesbibliothek, das Literaturhaus, Räume für die Volkshochschule sowie einen Gastronomiebetrieb beherbergt. Architekt Michael Ogertschnig von Holodeck architects ergänzt: „Die Schaffung eines öffentlichen, unterschiedlich bespielbaren Platzes samt Arena zwischen dem neuen Kulturensemble und der bestehenden Mittelschule bereichert diesen Ort ebenso wie die Erhaltung der skulpturalen Sichtbetonbauteile des Veranstaltungssaals und des Nordtrakts, die sich in der lokalen Bevölkerung zum identitätsstiftenden Merkmal entwickelt haben.“
Im Zuge der umfassenden Adaptierungs-, Um-, Zu- und Neubauarbeiten am Kulturzentrum Mattersburg wurden in den vergangenen zwei Jahren – dem BDA-Bescheid entsprechend – auch Teilbereiche der äußeren Betonflächen saniert und restauriert. Diese Aufgabe fiel dem von Mag. Klaus Wedenig geführten Unternehmen, der Denkmalpflege GmbH bzw. der Restoration Company GmbH, zu.
Betonrestaurierung im großen Stil
Klaus Wedenig und sein Team verfügen über das Know how im Bereich Betonrestaurierung: „Um erneutem Abplatzen von Betonflächen durch korrodierende Bewehrungseisen vorzubeugen, ist die Entrostung eine entscheidende Maßnahme. In der Regel äußern sich korrodierende Armierungen durch eine Vergrößerung des Betonvolumens, Abplatzungen und Risse im Bestand sowie Salzausblühungen. In solchen Fällen empfiehlt es sich, die Armierungseisen freizulegen, gegebenenfalls durch Nirostaspiralanker bzw. Glasfiber- oder Kohlefaserstäbe in verschiedenen Dimensionierungen zu tauschen oder mittels punktgenauem Sandstrahlen, Reinigung mit Weichmetallbürsten oder vergleichbares Vorgehen zu entrosten und vor weiterer Korrosion mittels Schutzanstrichen zu schützen.“
Für die Ergänzung von Fehlstellen in Sichtbetonoberflächen werden die Methoden der Naturstein- bzw. Kunststeinrestaurierung herangezogen. Wedenig: „Grundlage für die Herstellung eines Ergänzungsmörtels sind die Erkenntnisse über die Zusammensetzung aus der restauratorischen Befundung. Die Ergänzungsmörtel sollten in ihren Zusammensetzungen den materialtechnischen Kennwerten des Originalbestands sowohl in den physikalischen Eigenschaften im ausgehärteten Zustand als auch im optischen Erscheinungsbild gerecht werden.“
Der Ergänzungsmörtel wird nach der Reinigung und dem Aufbringen eines passiven Korrosionsschutzes händisch und wenn nötig mehrlagig aufgetragen. Dabei ist auch auf die Ergänzung von etwaigen Armierungen zu achten. Eine entsprechende Dimensionierung in sinnvollen Abständen sind dem Bestand entsprechend zu wählen.
Kleinere Risse und Haarrisse, die nicht auf treibende Armierungen zurückzuführen sind, können zum Beispiel mittels druckloser Injektagen mit feinen mineralischen Injektionsmörteln verfüllt und gefestigt werden. Offenstehende bzw. schadhafte Dehnungs- und Anschlussfugen sollten dem Bestand entsprechend neu verfugt werden.
Zeitgenössische Betonarchitektur
Der neuen Nutzungen dienende Bestand wurde nach Plänen der KPPK Ziviltechniker, die für Tragwerksplanung, Bauphysik und Brandschutzplanung verantwortlich zeichnen, weitgehend entkernt und neue Decken eingesetzt. Um den Bestand zum neuen Foyer zu öffnen, wurde ein Rahmentragwerk hinter der bestehenden Fassade eingesetzt. Ein weiteres Highlight ist das geschoßhohe Stahlbetonfachwerk, das sich über die gesamte Breite des Veranstaltungsaals spannt. „In enger Abstimmung mit den ausführenden Firmen konnten wir dies in Ortbetonbauweise verwirklichen“, betont man bei KPPK.
Beton ist übrigens nicht gleich Beton. Wopfinger Transportbeton lieferte einige tausend Kubikmeter Transportbeton unterschiedlichster Güteklassen zur Baustelle des Kulturzentrums Mattersburg – für Innenwände z. B. Ökobeton, für Innen- und Außenwände auch Sichtbeton und noch höhere Güten für Bodenplatten.
Als finales Ergebnis liegen den frisch restaurierten, skulpturalen Betonbaukörpern des Bestands nun der flexibel ausgestattete, teilbare Veranstaltungssaal – Fassungsvermögen bis zu 410 Personen – samt Landesarchivräumlichkeiten in schlichter, zeitgemäß interpretierter Sichtbetonkubatur gegenüber. Alles zusammen präzise eingebettet in die Landschaft. Zwischen diesen beiden signifikanten Baukörpern unterschiedlicher Entstehungsepochen (Periode des Brutalismus und zeitgenössischer Betonarchitektur) liegt das Foyer als räumliches und funktionales Gelenk aus Stahl und Glas. Durch die das Foyer optisch prägenden, sich verjüngenden Stützen und den abgehängten Steg im Obergeschoß wird der Eindruck der Leichtigkeit im Kontrast zum Brutalismus des Bestands unterstützt.
Quellen: Landesimmobilien Burgenland
Mag. Klaus Wedenig / Denkmalpflege GmbH / Restoration GmbH; KPPK ZT, Wopfinger Transportbeton
Fotos: Holodeck architects / Wedenig / Murczek / BLMS
Projektpartner Kulturzentrum Mattersburg
Bauherr: LIB Landesimmobilien Burgenland
Bestandsarchitektur: Herwig Graf
Bestandssanierung, Architektur, Generalplanung: HOLODECK architects
Restaurator: Mag. Klaus Wedenig Denkmalpflege GmbH, Restoration Company GmbH
Tragwerksplanung, Bauphysik, Brandschutzplanung: KPPK Ziviltechniker GmbH
Baustoffe: Wopfinger Transportbeton Ges.m.b.H.
Verband: Zement+Beton Handels- und Werbeges.m.b.H.