Burg Schlaining
Sanierung mit spannenden Überraschungen

 

Nur rund 7 km von Oberwart, der bedeutenden Bezirkshauptstadt im Südburgenland, entfernt, liegt Stadtschlaining (ung.: Város-szalónak). Vor 750 Jahren wurde die dortige Burg zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Der Feldherr und Söldnerführer Andreas Baumkircher, Freiherr von Schlaining, der die Burg 1441 übernahm, begründete rund um den Wehrbau Schlaining als bürgerliche Siedlung. Unzählige Male wechselten Burg und Gemeinde seither die Besitzer. Von besonderer Bedeutung für die Kommune war die Adelsfamilie Batthyány, unter deren Schirmherrschaft in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Juden in Schlaining angesiedelt wurden. 

Zu- und Umbauten sowie diverse Erweiterungen führten im Lauf der Jahrhunderte zu dem Erscheinungsbild von Burg und Stadt Schlaining, das wir heute kennen. 

Die letzte größere Renovierung der Burg wurde in den 1980er-Jahren durchgeführt. Von Februar 2020 bis Mitte 2021 sind wieder die Baumaschinen aufgefahren bzw. wurde eine Hundertschaft von Handwerkern unterschiedlichster Gewerke – offiziell ist von 370 Projektbeteiligten die Rede, die rund 500.000 Mannstunden leisteten – wieder aktiv. Und das nicht nur, um für die Ausstellung „100 Jahre Burgenland“ den passenden Rahmen zu schaffen. „Das ist mit dem Bau von rund 40 Einfamilienhäusern zu vergleichen“, wie Verena Posch, Projektleiterin in Diensten des

Bauherrn, der Landesimmobilien Burgenland GmbH, betont. 

Die Burg wird in weiterer Folge auf einer Fläche von 1.300 m2 zum burgenländischen „Haus der Geschichte“ avancieren und wie bisher auch das international renommierte Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung beherbergen.

 

Imposantes Gebäudeensemble

 

Burg Schlaining ist ein imposantes und vielteiliges Gebäudeensemble. Kaum jemand kennt die komplex verschachtelte Burg so gut wie Reini Ringhofer, der „kompetente und gute Burggeist“. Er weiß die Besucher auf Burg Schlaining mit zahllosen Anekdoten und Geschichten bestens zu unterhalten. So kommt er beispielsweise schnell darauf zu sprechen, dass das ursprüngliche Niveau der Burg früher um einiges tiefer lag. Und das kam laut Reini so: „Tor und Brücke wurden anno 1648 neu errichtet. Dabei wurde der Burghof um eine Ebene angeschüttet. Wer etwa von der Brücke gleich nach der Toröffnung in die Tiefhöfe hineinsieht, kann das Originalniveau der Burg noch gut erkennen.“

 

Herausforderungen & Highlights

 

Und während die 100-Jahre-Burgenland-Ausstellung Interessierte aus Nah und Fern anlockt, zieht das kongeniale Duo Posch/Ringhofer zufrieden Bilanz. Die beiden erinnern sich an besondere Herausforderungen, die schon mit der Ausschreibung durch die damalige BELIG (Beteiligungs- und Liegenschafts GmbH), der heutigen LIB Landesimmobilien Burgenland GmbH, begann. Darin stand etwa explizit festgeschrieben, dass der historische Bestand durch keine neuen, modernen Elemente ersetzt werden, sondern das Sanieren und Restaurieren das Gebot der Stunde sein sollte. 

Diesen Vorgaben entsprach das Anbot von Architekt DI Walter Jartschitsch / Büro Steiner de Beer, der daraufhin mit der Generalplanung der umfangreichen Arbeiten beauftragt wurde. Jartschitsch: „Nachdem die Burg denkmalgeschützt ist, erfolgten sämtliche Sanierungs- und Revitalisierungsschritte in enger Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt. Der für das Burgenland zuständige Landeskonservator, Mag. Peter Adam, gewährleistete diesbezüglich eine hervorragende Zusammenarbeit.“

Die Fassaden der Innenhöfe konnten frei gelegt und im Sinne des historischen Bildes saniert werden. So erkennt man an der Südfassade die ursprüngliche Fensterstruktur, die auf die bauliche Veränderungsgeschichte der Burg hinweist. 

Der sogenannte „Schwarze Hof“, der zu den ältesten Teilen der Burg zählt, bekam bereits seine originalgetreue historische Fassade zurück und auch der Große Burghof mit seinen fünf Kastanienbäumen zeigt sich in „alter Frische“. Die Kastanienbäume wurden anno 1867 anlässlich der Krönung von Kaiserin Elisabeth zur Königin von Ungarn so gesetzt, dass sie eine Pfeilform bilden, die gen Budapest ausgerichtet ist ... „ganz ohne GPS“, wie Reini mit einem Augenzwinkern anmerkt. 

Gemeinsam blicken die vier wesentlichen Proponenten des Projekts – Posch, Ringhofer, Jartschitsch und Adam – nach Abschluss der Modernisierungs- und Umbauarbeiten an einem der bedeutendsten kulturgeschichtlichen Wahrzeichen des Burgenlands auf einige auch überregional bedeutende Highlights zurück.

In 171 Räume, die Burg Schlaining beherbergt, sind insgesamt 343 Fenster eingeschnitten. Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurde auch das älteste Fenster aus dem Jahr 1750 restauriert. „Sieben Stück der eingesetzten Gläser waren beschädigt. Eine Firma fand in ihrem Keller genau sieben Stück aus dem gleichen Glas. Damit konnte das Fenster komplett restauriert werden“, wartet Reini Ringhofer mit der nächsten Anekdote auf.  

Die bedeutendste Entdeckung ist im dritten Obergeschoß, im dortigen Turmzimmer, zu finden. Im zu Ende gehenden 15. Jahrhundert setzten Maler damals die Farbe Ägyptisch-Blau ein. Ägyptisch-Blau zählt zu den ältesten künstlich hergestellten Farbpigmenten. Die Farbe besteht im Wesentlichen aus Silizium, Calcium und Kupfer. Eine Verwendung im alten Ägypten ist seit der 4. Dynastie (2639 – 2504 v. Chr.) belegt. Das besondere daran: Dies ist eine Farbe, die in Europa bei Wandmalereien nur vereinzelt zu finden ist – etwa in einer Kirche in Südtirol oder in einem Schweizer Kloster (Quelle: Wikipedia) – und jetzt eben auf Burg Schlaining. Das Bundesdenkmalamt bewertet diesen Fund als eine echte Sensation.

Apropos Wandmalereien: Auch die Wände der Engelsäle bargen das eine oder andere Geheimnis. Nach gründlichen Untersuchungen der oberflächlichen Schichten konnte hier fragmentarisch die ursprüngliche Wandmalerei freigelegt werden. Sie bildete den Ausgangspunkt für die heute sichtbare Wandbemalung.  

Und apropos Engelsäle: Sowohl im Großen als auch im Kleinen Engelsaal wurde der bestehende Holzfußboden abgetragen, wodurch der darunter liegende historische „Klosterboden“ zum Vorschein kam. Mit größter Sorgfalt und hervorragender Expertise legten Restauratoren dunkle Holzbänderungen in Eiche frei. Diese umschließen eingebettete Holzfelder aus Nadelholz – eine Struktur, die an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert entstanden sein dürfte. Beide Engelsäle zeigen heute ein stimmiges Bild aus einer Epoche, die gut 250 Jahre zurückliegt.

Ein weiterer Fund betrifft das historische Stiegenhaus, ausgeführt in Form einer Wendeltreppe, das  lediglich zur Hälfte  erhalten geblieben ist und abgemauert wurde, während die zweite Hälfte vor langer Zeit abgebrochen wurde. Dieser historische Teil konnte räumlich in das geplante neue Sicherheitsstiegenhaus integriert werden. 

„Wir wollten den Charakter der Burg erhalten. Aber es ist wichtig für uns, dass wir die Barrierefreiheit erreichen, indem wir Aufzüge und Rampen einbauen. Es ist auch wichtig, eine ganzjährige Nutzung zu ermöglichen, weil die derzeitige Landesausstellung in ein Haus der Zeitgeschichte umgewandelt wird, und da ist eine ganzjährige Bespielbarkeit wichtig“, so Norbert Darabos, Präsident des in der Burg angesiedelten Studienzentrums für Frieden und Konfliktlösung. 

 

Keine Baupläne verfügbar

 

Baupläne der Burg gibt es keine, erst im Zuge der nun durchgeführten Generalsanierung wurde das Innere der Burg erstmals mittels 3D-Verfahren gescannt. „So kann es passieren“, erinnert sich Projektleiterin Verena Posch, „dass man einen Mauerdurchbruch zwar plant, dann aber auf eine sechs Meter dicke Mauer stößt, in die mühsam ein Zugang zum geplanten Lift gestemmt werden muss.“

Viele der durchgeführten Arbeiten liegen unter der Erde oder im Mauerwerk. So wurden ca. 170 km Elektroleitungen – mehr, als das gesamte Burgenland in seiner Nord-Süd-Ausdehnung misst –  verlegt und gemeinsam mit einer zeitgemäßen IT-Verkabelung hinter breiten Sockelleisten gut „versteckt“. 

Die E-Leitungen versorgen u.a. die rund 800 Lampen mit Strom, mit der die Burg in ein ihr und ihrer Bedeutung als eine weit über die Landesgrenzen hinaus als historisches Kulturjuwel und wichtiger Gedächtnisort gerecht werdendes Licht getaucht wird.

Rund 14 Millionen Euro wurden in die Modernisierung der Burg Schlaining investiert.                  

Fotos: Landesimmobilien Burgenland + Baumit

Rochussäule & Stadtbrunnen
Stimmiges Bild mit restaurierten Denkmalen

 

Stadtschlaining hat sich zum 100-Jahr-Jubiläum des Burgenlands 2021 umfassend „herausgeputzt“. Nicht nur die Burg als Schauplatz der Landesausstellung, sondern auch der gesamte Altstadtbereich erfuhren eine Runderneuerung. Betroffen davon sind u. a. der Hauptplatz und der Rochusplatz in den Bereichen zwischen Burg, ehemaliger Syna-goge und Burghotel (Artikel über die zwei letztgenannten Objekte sind für unsere kommende Ausgabe geplant). 

 

Restaurierte Rochussäule

 

Im Dezember 2020 begann die Restoration Company von Mag. Klaus Wedenig mit der Restaurierung der Rochussäule. Die aus Kalksandstein bestehende Säule mit bekrönender Rochusfigur aus Kunststein saß auf einem vierseitigen, aus Ziegeln gemauerten Sockel, da der ursprüngliche Sockel aus Sandstein irgendwann im Laufe der Geschichte verloren ging.

Für die Restaurierung wurde die Säule abgebaut und nach Königshof in die Wedenig‘sche Werkstatt  transportiert. Der gemauerte, bereits mehrfach gebrochene Sockel – siehe Bild rechts, oben – wurde vollständig abgetragen und durch

einen Sockel aus slowenischem Kalkstein (Lipica Unito) ersetzt. Größe und Formgebung wurden an das historische Vorbild angepasst. 

Die Statue des hl. Rochus – siehe Bild rechts, Mitte – erstrahlt nach diversen Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten nun ebenfalls in neuem Glanz.

 

Historischer Stadtbrunnen

 

Der historische Stadtbrunnen am Hauptplatz  – siehe Fotos unten und rechts, unten – besteht aus

einer achteckigen Brunneneinfassung und stammt, wie eine Inschrift verrät, aus dem Jahr 1857. In der Mitte befindet sich eine dreiseitige Pyramidensäule mit drei gusseisernen Löwenköpfen, die als Wasserspeier dienen. Darüber befindet sich jeweils eine Inschrift. Die Spitze wird durch eine Steinkugel bekrönt.

Mag. Klaus Wedenig: „Die Brunnenanlage wurde ebenfalls vollständig abgebaut und in unsere Werkstätte transportiert. Die dort durchgeführten Restaurierungs-

arbeiten umfassen im Wesentlichen die Reinigung, die Rückführung von schadhaften oder materialtechnisch unpassenden Eingriffen, die Konservierung, Ergänzung und Wiederherstellung der Anlage. Ziel war, neben der Instandsetzung, auch deren Abdichtung. Retour in Stadt-

schlaining wurde der restaurierte Brunnen auf der bauseits erneuerten Fundamentierung aufgestellt.“

Der Stadtbrunnen wird nun durch eine indirekte Beleuchtung inszeniert, was die Platz-Stimmung vor Ort unterstreicht.   

Quelle Text und Fotos: Restoration Company / Klaus Wedenig                   

Projektpartner Burg Schlaining

 

Bauherr: Landesimmobilien Burgenland GmbH

Generalplaner: Steiner de Beer Arch. / Arch. DI Walter Jartschitsch

Baustoffe: baumit

ÖBA: Woschitz Engineering ZT GmbH

Elektrotechnikplanung: KWI Engineer GmbH

Restaurator: Klaus Wedenig Restoration Company

 

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