Das Baderhaus, Purbach
Geschichte pur – vom Mittelalter bis in die Gegenwart


Die Erinnerungen der Bauherrnfamilie W. an die Umbauarbeiten am ehemaligen Purbacher Baderhaus, das auch unter der Bezeichnung Schebekhaus firmiert, sind noch frisch und lebendig. So ist Frau W., eine direkte Nachfahrin des Franz Schebek, der 1872 die Tochter des „Chyrurgen“ Bernhard Meditsch, Franziska, ehelichte und dessen Familie auf diese Weise in den Besitz des Hauses am Raiffeisenplatz 3 in Purbach gelangte, immer noch beeindruckt, wenn sie daran denkt, wie im Zuge der Rauchfangsanierung plötzlich ein guter Quadratmeter des Bodens bis in den Keller
hinunter gestürzt ist: „Dass da unten eine Rauchkuchl war, haben wir ja gewusst, dass diese aber eine Verbindung bis hinauf ins Haus hatte, das war uns bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt.“ Die alte Rauchkuchl feiert übrigens als
praktische Sommerküche ein Revival im Schebekhaus.
Genauso unbekannt war ein Rautenfries, das aus dem 16. Jahrhundert datiert und sich unter vielen alten Farbschichten an der Außenfassade des Gebäudes verbarg – und das unter der fachkundigen Anleitung des Restaurators Bernhard Gritsch aus Imst in Tirol freigelegt bzw. stellenweise erneuert werden musste.

Generalsanierung

Die umfangreichen Sanierungsarbeiten betrafen so gut wie alle Teile des Gebäudeensembles. So musste der Putz sowohl straßen- als auch hofseitig großflächig abgeschlagen und erneuert werden. Auf Wunsch des Denkmalamts blieben kleinflächige Reste des Originalputzes erhalten.
Dach und Dachstuhl erfuhren eine Ertüchtigung bzw. Erneuerung in großem Stil. Straßenseitig wurde das Dach mit alten Ziegeln gedeckt, ansonsten kamen neue Dachziegel zum Einsatz.
Original erhaltene Steingewänder mussten behutsam herausgelöst, instandgesetzt und wieder verortet werden. Fehlende oder fehlerhafte Mauerteile wurden – so weit wie möglich mit altem Ziegelmaterial – wiederhergestellt; ein Schweinestall, Mitte des vergangenen Jahrhunderts in den Innenhof gebaut, wurde entfernt.
Der Innenhof selbst war bis zum Beginn der Generalsanierung betoniert. Unter dem Beton befand sich eine Lehmschicht. Rund 15 cm des Hofbodenaufbaus wurden entfernt, danach die Drainage und die Entwässerung erneuert, ehe der Innenhof mit Sandsteinplatten neu gestaltet wurde.
Geplant wurden die Umbauten – es wurden Durchgänge und Verbindungen geschaffen, Türen geöffnet, Räume vergrößert, Mauern erhöht etc. – sowie die umfassenden Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen von Architekt DI Anton Mayerhofer aus dem mittelburgenländischen Weinort Neckenmarkt, der auch in Wien ein Architekturbüro betreibt.
Das Schebekhaus in Purbach ist übrigens nicht das erste erfolgreich realisierte Revitalisierungsprojekt von Architekt Mayerhofer und seinem Team. Umgesetzt wurden die Mayerhofer‘schen Pläne großteils von Baumeister- und Handwerksbetrieben aus der näheren Umgebung.
Aus Oslip kommt etwa Baumeister Strommer. Mit seinen Mitarbeitern zeichnet er für die Baumeisterarbeiten im Rahmen der Komplettsanierung verantwortlich. Viel davon wurde bereits angesprochen – von der Ertüchtigung des Dachhstuhls über den Bau bzw. die Erhöhung der ostseitigen Mauer zur nachbarschaftlichen Arztpraxis hin, weiters die Stabilisierung bzw. Dämmung des Kellerbereichs mittels Glasschaumschotterung bis zur kompletten Erneuerung des hofseitigen Kanals inklusive Verlegung von Heizungsleitungen quer durch den Hof.
Der vermutlich älteste Teil des Kellers, liebevoll als „Remise“ bezeichnet, wurde ebenfalls wieder auf Vordermann gebracht. Die „Remise“ dürfte ursprünglich niveaugleich mit der Oberfläche gelegen sein. Später wurde das Niveau rundherum angehoben, sodass die Räumlichkeiten schlussendlich als Keller mit entsprechend stabiler Klimatisierung fungierten.
Dem Eingang gegenüber entstand ain neuer Torbogen aus Stein samt Gewölbe, für deren Ausführung Steinmetzmeister Pauleschitz aus Draßburg zuständig war. Dieser richtete auch die Außenstiege im Innenhof wieder her, wobei u. a. Sandstein aus St. Margarethen zum Einsatz kam und sogar originales Steinmaterial verwendet werden konnte.
Diese Außenstiege ist insofern von „Bedeutung“ als die schiefe Mauer des Stiegenaufgangs für die Bauherrin so etwas wie ein Markenzeichen des Schebekhauses darstellt.

Handwerk vom Feinsten

Dazu zählt die Tischlerei von Johann Ernst aus St. Margarethen. So manche Tür und so manches Fenster kamen im Zuge der restauratorischen Untersuchungen im Vorfeld der Generalsanierung an den originalen Stellen zum Vorschein. Tischlermeister Johann Ernst und seine Expertisen fielen hier auf fruchtbaren Boden, galt es doch, Altes möglichst schonend zu sanieren und Neues – seien es Fenster, Türen, Böden oder Holzstiegen samt Handläufen – so an den Bestand anzupassen, dass einerseits die Auflagen des Denkmalschutzes erfüllt, andererseits eine zeitgemäße Nutzung gewährleistet wurden. Johann Ernst: „Besonderheiten gab‘s bei diesem Auftrag einige. Beispielsweise mussten die Fenster so (nach-)gebaut werden, dass sie nur nach außen aufgehen.“
Um heutigen Anforderungen gerecht zu werden, sind die Fenster mit entsprechenden Dichtungen und Verglasungen ausgestattet. Die Verglasungen erfüllen Anforderungen an moderne Schall- und Lärmschutzregularien, d. h. es handelt sich teils um 3-fach-Verglasungen, teils um 1-fach-Isolierverglasungen, teils um Verglasungen mit individuell an die Bedürfnisse angepassten Stärken.
Im Bereich der Bretterböden, war ebenfalls noch originales Material vorhanden. Dieses wurde vom Tischler fachmännisch restauriert und für die nächsten Generationen erhalten. Wo dies nicht möglich war, wurde der Boden mit Sibirischer Lärche entsprechend nachgebaut. Dabei orienterierte man sich am Bestand und verwendete
z. B. geschliffene und geölte Bretter verschiedener Breite. Ernst: „Wir verwenden deshalb Sibirische
Lärche, weil sie im Gegensatz zur Europäischen Lärche weniger harzt.“
Eine ähnliche Vorgangsweise wurde bei den Stiegen und Handläufen sowie bei den Innentüren gewählt: Wo möglich, wurde der Bestand erhalten und hergerichtet, wo das nicht möglich war, etwa im neu geschaffenen Gästebereich, wurde mit einer attraktiven und wohnlichen Materialkombination für eine moderne und hochwertige Erneuerung gesorgt.   
Viel Know how brachten auch Elektrotechniker Gerhard Berger aus Purbach und sein Team der EIB (Elektro / Installation / Bauüberwachung) Berger GmbH in die Sanierung des Schebekhauses ein. Ihnen oblag nicht mehr und nicht weniger als die komplette Erneuerung sämtlicher Elektroinstallationen. Die besondere Herausforderung dabei ist die möglichst ressourcenschonende Verlegung der elektrotechnischen Leitungen, Schalt- und Sicherungskästen etc. in historischer Bausubstanz.

Unter Denkmalschutz

Das gesamte Gebäude wurde auf Wunsch der Bauherrin 2015 vom Bundesdenkmalamt unter Schutz gestellt: „Die Unterschutzstellung ist eine Herzensangelegenheit von mir und war auch eine meines verstorbenen Bruders, Paul Schebek, von dem ich die Immobilie geerbt habe“, so Frau W. Ihr Dank gilt dabei unter anderem dem Landeskonservator des Burgenlands beim Bundesdenkmalamt, Mag. Peter Adam, der mit Rat, Tat und sogar der einen oder anderen kleinen Förderung wesentlich zum Gelingen der Restaurierungsarbeiten beitrug.

 

  Fotos:

BDA, privat, K.-H. Nickel

Projektpartner Baderhaus, Purbach

 

Bauherr: privat

Architekt: DI Anton Mayerhofer, Neckenmarkt und Wien

Tischler: Tischlerei Johann Ernst, St. Margarethen

Elektriker: EIB Berger, Purbach

Denkmalschutz: Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat Burgenland

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