Stiftskirche Melk, Wachau
Restaurierung Südturm der Westfassade

 

Exponiert auf einem felsigen Hügel liegt die weitläufige Anlage des UNESCO Weltkulturerbes Stift Melk. Sowohl von der Donau als auch vom Hinterland nördlich und südlich des Stroms her weithin sichtbar, grüßen die mächtigen Gemäuer des Benediktinerklosters sowie die Kuppeln und Türme der Stiftskirche. Diese trägt das Patrozinium St. Petrus und Paulus und ist als Grablege des hl. Koloman, dem Schutzpatron von Stift Melk, auch das Wahrzeichen der geschichtsträchtigen Stadt Melk und der Region Wachau.
Die barocke Stiftskirche dominiert mit ihrem in Form eines Tonnengewölbes ausgeführten, beeindruckenden Kirchensaal und mit ihrer mächtigen, 64 Meter hohen Tambourkuppel sowie den beiden flankierenden Türmen das gesamte Stiftsensemble.
Auch die Türme – wie das gesamte Stift ursprünglich nach Plänen Jakob Prandtauers errichtet – fielen 1738 einem Brand zum Opfer und zeigen sich heute so, wie sie Joseph Munggenast in abgewandelter Form und mit ersten Merkmalen des Rokoko versehen, neu errichten ließ.
Stein-, Kupfer- und Eisenteile am Südturm der Westfassade – Vasen, Engel, Flammen, Voluten, Sockel, Kapitelle, Gebälk etc. – wurden  im Vorjahr einer Restaurierung unter der Leitung von Mag. Klaus Wedenig unterzogen. In einer Dokumentation beschreibt Wedenig (Mitarbeit: Mag. Birgit Gabis) den vorgefundenen Zustand vor Inangriffnahme der Arbeiten.

Zustandsbeschreibung

Die Architektur- und Zierteile bestehen aus Kalksandstein, und zwar vorwiegend aus dem wenig witterungsbeständigen Zogelsdorfer Kalksandstein. Zuletzt wurde die Westfassade vor beinahe 40 Jahren restauriert. Dabei kamen Anstriche zur Ausführung, die teilweise so dick aufgetragen wurden, dass vor allem bei den figuralen und ornamentalen Steinteilen Tiefen und Hinterschneidungen sowie filigrane Details regelrecht zugestrichen waren. Große Teile des Anstrichs waren oberflächlich verschmutzt, verstaubt, mit Taubenkot verunreinigt oder mit Moosen bewachsen. Gröbere Schäden waren zunächst nicht erkennbar, Risse und Haarrisse, u. a. an statisch exponierten Bereichen, ließen jedoch auf weitere Schäden an der Steinsubstanz unter den Anstrichen und Überrieben schließen. Eine Einschätzung, die sich in der Folge als berechtigt erweisen sollte.
Durch den hohen Dispersionsanteil des Silikatanstrichs und den Grauzementanteil des Überriebs hatte sich eine Art Sperrschicht gebildet, die die Wasserdampfdiffusion und somit das Austrocknen im Inneren des Steins verzögerte. Durch die daraus resultierende verstärkte Feuchte- und Salzbelastung wurde die Steinsubstanz unter der „Kunststoffschale” in ihrem Gefüge massiv zermürbt.
Nach dem gründlichen Entfernen des Anstrichs kamen an sämtlichen Steinteilen zudem zahlreiche Aus-
flickungen und Reparaturen verschiedenen Ursprungs und Datums zum Vorschein. Mit ästhetisch und materialtechnisch unpassenden Mörtelmassen (Grauzement) ausgeführt, hatten diese früheren Interventionen zu umfangreichen Schäden am Stein geführt. Außerdem wiesen die Kittungen – vor allem die mit Kalk und Zement gebundenen – selbst bereits erhebliche Schäden auf und waren teils nur noch vom Farbanstrich zusammengehalten worden. Nach Abnahme desselben „zerbröselte“ das Kunststeinmaterial regelrecht.
Eine weitere Zermürbung des Steinmaterials wurde durch rostende Armierungen hervorgerufen. Die Eisendorne im Zentrum der Flammenvasen sowie zur Verbindung von Steinteilen eingegossene Eisenklammern rosteten bereits stark. Abgesehen von der Rotfärbung durch den Rost waren die betroffenen Steinteile durch Rostsprengung extrem mürbe und z. T. abgeplatzt. Dadurch entstanden Fehlstellen und tiefe Risse.
Die aus Kupferblech gefertigten und ursprünglich feuervergoldeten Flammen der Vasen im Geschoß „Uhrstube“ wiesen starke Verschmutzung durch Flugstaub, Russ und Taubenkot auf. Die Kupferblechelemente waren teils verbogen, einzelne Schrauben fehlten, die starke Oberflächenkorrosion sorgte dafür, dass von der Vergoldung nur noch Reste glänzten.

Restaurierkonzept

Nach Abschluss der restauratorischen Befundung und Schadensdokumentation sowie auf Grundlage einer 2015/16 durchgeführten Untersuchungen von Res-taurator Peter Asimus erstellten Klaus Wedenig und sein Team der denkmalpflege G.M.B.H. ein umfassendes und komplexes Restaurierkonzept.
Dieses listet sämtliche restauratorische und konservatorische Maßnahmen auf, die Schritt für Schritt zur Anwendung gebracht werden mussten, um die Stein- und Metallteilen zu ertüchtigen bzw. ihnen wieder jenes Aussehen zu verleihen, das dem Originalzustand entspricht oder zumindest möglichst nahe kommt.

Freilegen, Sichern, Reinigen

Zu diesen Maßnahmen zählen zunächst das Freilegen, Sichern und Reinigen. Dabei wurden beispielsweise schadhafte Fugen geöffnet und gesäubert, Verschmutzungen teils manuell entfernt oder abgesaugt, Silikonreste und Kitte mit Skalpellen und diversem Kleinwerkzeug entfernt. Die Fixierung und Sicherung von locker gewordenen Steinteilen erfolgte z. B. durch das Hinterfüllen und Verkleben mit dem Untergrund, wobei Klebe- und Injektionsharze in Abstimmung mit weiteren Interventionen ausgesucht wurden – abgehobene Schalen wurden punktuell, massive Bruchteile kraftschlüssig mit Epixidharz verklebt und ggf. zusätzlich mit gedrehtem Nirostastahl vernadelt. Stark sandende und rückgewitterte Kalksandsteinteile wurden durch zwei- bis dreimaliges Fluten mit Kieselsäure-Ethylester unter Zuhilfenahme von Airless-Geräten unverdünnt vorgefestigt.
Früher aufgebrachte Überriebe und Anstriche auf den Steinoberflächen sowie farblich oder materiell nicht entsprechende Ergänzungen mussten mittels geeigneter Werkzeuge abgenommen werden. Filigrane Details und schwer erreichbare Stellen wurden manuell nachgereinigt, hartnäckige Sinterkrusten je nach Erfordernis mit
Ultraschallgeräten oder Mikrosandstrahl behandelt.
 
Ergänzungen und Vierungen

Der für Ergänzungen, Kittungen und Inkrustationen verwendete Kunststeinmörtel wurde hinsichtlich seines optischen Erscheinungsbildes sowie in seinem physikalischen Verhalten in ausgehärtetem Zustand dem Steinmaterial der
Figuren angeglichen. Als untere Schicht wurde ein grobkörniger Kunststeinmörtel aus 5 Raumteilen (RT) Wiener Neustädter Grubensand, Ernstbrunner Putzsand (jew. 0 – 4 mm), Bianco Verona Kalksteinsand sowie grauem Schleifsand (0 – 1 mm) und 1 RT Bindemittel (je 50 % Baumit Weißzement und Röfix Natürlicher Hydraulkalk 5, zementfrei) aufgebracht. Der Feinmörtel darüber bestand aus den selben Inhaltsstoffen, lediglich in einer feineren Körnung (0 – 0,5 mm). Zum Erreichen der gewünschten Farbigkeit kamen diverse Kalksteingranulate zum Einsatz. Zum Vornetzen der zu behandelnden Flächen wurde Kalksinterwasser verwendet, offene Fugen wurden mit einer Mischung aus hydraulischem Kalk (Röfix NHL 2, zementfrei), Weißzement und einem (Farb-)Zuschlag im Mischverhältnis

0,5 : 0,5 : 5 geschlossen. Um eine dem Originalzustand entsprechende Oberflächenstruktur zu erhalten, wurden die Ergänzungen mit Spachteln und diversem Modellierwerkzeug geglättet bzw. nach dem Abbinden abgezogen.
Größere Fehlstellen – tiefer als 5 cm – im Bereich der Architktur-teile sowie an figuralen Elementen wurden mit Zogelsdorfer Kalksandstein aus Altbeständen ergänzt. In ein Bett aus flexiblem Mörtel („Multistone“-Natursteinkleber, Fa. Botament Systembaustoffe) versetzt und mit jeweils in Epoxidharz (Reca-VM-MULTI-2K, Firma Kellner & Kurz) getauchten Nirosta- oder Karbonfaserstäben gesichert, erfolgte die Oberflächenbehandlung der Vierungen analog zum angrenzenden Originalbestand. Die Fugen zwischen Vierungen und Bestand wurden mit Kalkzementmörtel geschlossen.
 
Oberflächenbehandlung

Nach dem Austrocknen der Untergründe wurde auf sämtliche Steinoberflächen als Grundierung eine mehrlagige, unpigmentierte Schlämme aus je 1 RT Unger Sumpfkalk 3 Monate und Kalksteinmehl Schicht für Schicht und nass-in-nass aufgebracht. Die erste Schicht wurde bis zum Porenverschluss in den Stein einmassiert, die übrigen Schichten dünn lasierend aufgetragen. Durch das Entfernen überschüssiger Schlämme mittels trockener Pinseln und weicher Bürsten ist die Lesbarkeit der Formen gewährleistet.
Im Anschluss daran erhielten die so behandelten Teile einen dem  Bestand angepassten Anstrich mit SOL-Silikat-Farbe (Soldalit, Fa. Keimfarben).
 
Eisenteile und Fazit

Wenngleich es sich auch nicht um Steinteile handelt, ist die Sanierung und Ertüchtigung von Komponenten aus Eisen und Blech von genauso eminenter Bedeutung. Vor allem gilt das für die statische Sicherung der (Flammen-)Vasen, Engeln und sonstigen Steinteile, die beispielsweise von Eisendornen und Armierungen an ihren Plätzen gehalten werden. Die noch stabilen Dorne erfuhren – wie auch andere historische Armierungen – eine mechanische Behandlung mit Drahtbürsten oder Skalpellen, wurden mit Ölfirnis rostschutzbehandelt, mit Bleiminimum grundiert und mit Ölfarbe gestrichen.
Stark rostende Schließen im Bereich der Uhrstube wurden dort belassen, um das historische Mauerwerk nicht unnötig zu schädigen. Zur Sicherung wurden vier neue, 1,5 m lange Anker aus Nirostastahl gesetzt.
Dieser Teil der Stiftskirche Melk sollte damit für die nächsten Jahrzehnte vorbildlich und nachhaltig instandgesetzt sein.                    

            
          Quellen Text und Fotos:
denkmalpflege G.M.B.H.; Restaurierung und Konservierung Mag. Klaus Wedenig & Team

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