Kalandahaus Trausdorf
Collage aus Bestehendem und Neuem

 

Letzte hügelige Ausläufer der Voralpen im Westen, die sonnigen Südhänge des Leithagebirges im Norden, ansonsten flaches Land bis tief hinein in die ungarische Tiefebene – und mitten drin in der malerischen Kulturlandschaft rund um Burgenlands Hauptstadt Eisenstadt liegt das Weingut Esterhazy. Direkt hinter dem modernen Weinwirtschaftsgebäude liegt das attraktive Veranstaltungs-, Kulinarik- und Weinzentrum namens Kalandahaus. Die nächste Ortschaft, die seit Jahrhunderten großteils von Burgenland-Kroaten bewohnte Gemeinde Trausdorf / Trajštof, ist nur rund einen Kilometer von der Stichstraße, die zu dem Gebäudeensemble führt, entfernt.
Passiert man das Esterhazy-Weingut, fällt der Blick unmittelbar auf das renovierte Kalandahaus. Dach, Fassade, Fenster, Türen und Tore erstrahlen in neuem Glanz. Betritt man den ehemaligen Meierhof, erkennt man schnell, dass auch das Innenleben fachkundig und gediegen revitalisiert wurde.

Bewahren und erneuern

Für den gelungenen Auftritt zeichnen mehrere Unternehmen verantwortlich. An vorderster Front natürlich der Bauherr, die Esterhazy Wein GmbH, die vor gut fünf Jahren einen entsprechenden Wettbewerb auslobte, den das renommierte Wiener Architekturbüro AllesWirdGut (AWG) für sich entscheiden konnte.
Jan Schröder und sein AWG-Projektteam – Paula Groß, Harald Groll, Jakub Klíma, Eva Bírová – fanden ein horizontal ausgerichtetes Langhaus vor, das in seiner Schlichtheit einer markanten burgenländischen Gebäudetypologie entspricht. Das aufgrund seiner früheren Nutzung als Gesindehaus in Kleinwohnungen unterteilte Gebäude wurde innen komplett entkernt. Lediglich die aus Sandstein errichteten Außenwände blieben bestehen. Das freigelegte und gesäuberte Mauerwerk verleiht dem Inneren des Gebäudes, das heute  als multifunktionaler, flexibel teil-barer Veranstaltungs- und Präsentationsraum sowie als Eventlocation dient, sein charakteristisches und modernes Erscheinungsbild.
Komplett abgetragen und erneuert wurde auch das Dach, wobei die Dachkonstruktion soweit wie möglich original erhalten und freigelegt wurde, was im Innenraum ein
besonderes Ambiente erzeugt.

Komplexe Lösungen

Was gut aussieht und einfach klingt, bedarf mitunter komplexer Lösungen. Das betonen DI Gerold Simon und DI Markus Fischer von der Simon-Fischer ZT GmbH, die für Tragwerk und Statik verantwortlich zeichnen.
Nach ihren Berechnungen wurde beispielsweise eine schub-steife Decke mit Stahlbetonrosten ausgeführt, die in Kombination mit den Holzträmen des bestehenden Dachstuhls ein uniques Stahl-Fachwerk bilden. Dabei wird die Belastung von der Neukonstruktion aufgenommen, der Bestand jedoch erhalten.
Fundamente und Wände, so die beiden Techniker, mussten lediglich trockengelegt werden und erwiesen sich als gut brauchbar. Im Wandbereich galt es, durch die Herausnahme trennender, aussteifender Querwände einen großen Veranstaltungsraum entstehen zu lassen.


Kastenfenster, Türen und Tore

Aufgrund der optischen und funktionalen Wirkung nach Außen wie auch nach Innen wurde dem Themenbereich Fenster, Türen und Tore große Aufmerksamkeit geschenkt. Mit der Tischlerei Kranz aus Schwanenstadt holten sich Bauherr und Architekten einen renommierten Fachbetrieb an Bord, der für seine Kompetenz, vor allem in Sachen Kastenfenster, überregional bekannt ist. Ing. August Kranz und seinem Team gelang es auch beim Kalandahaus Trausdorf, die möglichst originalgetreue Rekons-truktion mit der Anpassung an zeitgemäße Anforderungen zu ver-einen. Gefertigt und montiert wurden Fenster mit schmalen Profilen aus hochwertigem Kiefernholz, wobei eine der Herausforderungen darin bestand, die mit Isolierglas versehenen Fenster händisch in die  bloßliegenden Steinmauern einzupassen.
Isolierglas füllt auch die von der Tischlerei Kranz nach historisch überbrachten Vorlagen hergestellten Türleisten. Einfache Türen mussten teils durch breitere Eingänge und Tore ersetzt werden, um den heutigen Bestimmungen hinsichtlich Barrierefreiheit und Sicherheit – vor allem angesichts der zu erwartenden Besucherfrequenz bei größeren Veranstaltungen – zu entsprechen. Diese Eingänge, so AWG-Geschäfsführer DI Christian Waldner, wurden in Form von Glastüren ausgeführt und in Referenz an die Scheunentore des ehemaligen Meierhofs mit doppelflügeligen Holztüren versehen.

Gediegenes Interieur

Vom Boden – ausgeführt in gefaster, stark gebürsteter Eiche in Form unterschiedlich breiter Langdielen – bis zur Decke strahlt das Kalandahaus Trausdorf authentische Gediegenheit in einem gemütlichen Ambiente aus.
Von Innenarchitekten wurde ein Konzept in gedämpften Weiß-, Braun- und Grautönen, akzentuiert durch Materialeigenfarben von Stein und Holz, entwickelt. „Es ist uns ein Anliegen, den Raum nicht zu abstrakt zu halten, sondern vielmehr aus der umgebenden Natur und den sich stellenden Themen zu schöpfen, um ein eigenständiges, unaufdringlich sinnliches Momentum zu schaffen. Der Besucher soll sich wohl, geborgen und aufgehoben fühlen. Über Haptik, Geruch und Erscheinung sollen ureigenste Instinkte angesprochen werden“, betont Innenarchitektin DI Renate Allmayer-Beck.

Raum- und Lichtkonzept

Dabei galt es, sich der Herausforderung zu stellen, dem unproportionalen Lang- und Einraum eine ebenso funktionale wie angenehme Raumstruktur und Gestaltung zu geben. Wesentliche Bestandteile dieses Konzepts sind Raumabschnitte, die durch flexible Trennvorhänge aus Leinen in feinen Farbabstufungen definiert werden. Große geschlossene Kreisläufe gezielt gesetzter Vorhangschienen machen Raumteilungen und Zonierungen bis hin zu einzelnen Kabinetten möglich. Der Großraum lässt sich auf diese Weise in fünf Bereiche unterteilen.
Für den Hauptraum wurde ein Beleuchtungskonzept entwickelt, das nicht nur die technischen Belange der Nutzung, sondern darüber hinaus die wohnlich-kulinarische Atmosphäre unterstützt. Der Saal wird aus dem Deckenraum über Stromschienenstrahler indirekt ausgeleuchtet. Abgehängte Porzellan-Pendelleuchten, die zwischen Raumhöhe und menschlicher Proportion vermitteln, nehmen die einfache industrielle Gestalt von Gegenständen aus dem Bereich Landwirtschaft auf. Der Dachraum mit Holzkonstruktion wird dagegen subtil in ein stimmungsvolles Licht-/Schatten-Spiel getaucht. In unterschiedlicher Höhe abgehängte LED-Einzelleuchten in Glühbirnenoptik sorgen im Foyer für ein beinahe „mystisches“ Licht, das mit dem helleren Hauptraum kontrastiert. Der Gast soll bei seinem Eintreten die zwei Räume auf unterschiedliche Weise erleben.
Die Möblierung des Kalandahauses wird den Ansprüchen einer vielseitigen Nutzung gerecht. Eine Grundmöblierung gut verarbeiteter, rechteckiger Holztische mit Vollholzplatte und Stahlgestell bildet die Basis des multifunktionellen Konzepts. Tische und Bestuhlung wurden in Kooperation mit einem Schlosser als feine Klappgestelle entwickelt. Die Tische können zu einer Großtafel zusammengestellt werden, sodass Veranstaltungen mit bis zu 200 Personen möglich werden.
Das Kalandahaus Trausdorf beim Weingut Esterhazy ist ein Musterbeispiel dafür, wie moderne und konservierende Architektur ein überzeugendes Ganzes bilden können.

Fotos:

AllesWirdGut / Guilherme Silva Da Rosa

MOBIMENTI

Projektpartner Kalandahaus Trausdorf

 

Bauherr: Esterhazy Wein GmbH

Architekt: AllesWirdGut Architekten

Tragwerksplanung, Statik: Simon Fischer ZT GmbH

Fenster, Türen, Tore: KRANZ GmbH & CoKG

Interior: Mobimenti, Arch. DI Renate Allmayer-Beck

 

 

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