Martinsschlössl Donnerskirchen
Vom Meierhof zur Genussakademie

 

Der Weinort Donnerskirchen schmiegt sich malerisch an den Südhang des Leithagebirges. Weit streift der Blick von der exponiert liegenden Pfarrkirche über den Neusiedler See bis tief hinein in den Seewinkel. Mitten im Ort gelegen, zieht ein markantes Gebäude die Aufmerksamkeit auf sich – das Martinsschlössl vulgo Leisserhof.

 

Bewegte und bewegende Geschichte

 

Der historisch bedeutsame Gutshof in Donnerskirchen, der von der Barockzeit an bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts das zentrale Weingut der Domaine Esterhazy beherbergte, ging aus einem hochmittelalterlichen Rittergut hervor. Der evangelische Freiherr Christoph Leisser von Idolsberg, ein Ritter aus dem Waldviertel, baute ab dem Jahr 1612 das im Zuge des Bocskai-Aufstands niedergebrannte, mittelalterliche Rittergut, das sich an dieser Stelle befand, zu einem vierflügeligen Renaissanceschloss aus. Wesentliche Teile dieses Schlosses wurden in den 1960er-Jahren leider abgebrochen. Vom Schloss sind heute nur mehr zwei Flügel sowie ein reduzierter Torturm vorhanden.

Mitte des 20. Jahrhunderts, in der Zeit des Dritten Reichs, wurde das Martinsschlössl abermals zu einem Schauplatz unrühmlicher Ereignisse. In den Kellern der Anlage waren Zwangsarbeiter einquartiert, die an der Errichtung des sogenannten Ostwalls arbeiten mussten. Ein neu errichteter, stiller Gedenkraum im Kellerhals erinnert an diese traurige Epoche. Nach dem Zweiten Krieg kam es zum bereits erwähnten Abbruch eines Schlossflügels sowie zur Aufteilung des verbliebenen Anwesens auf zwei Eigentümer. Nach einer umfassenden Renovierung im Jahr 1975 etablierte sich in den Resten des Renaissanceschlosses eine weithin bekannte gastronomische Einrichtung. Seit Mai 2015 beherbergt das denkmalgeschützte Baujuwel das Zentrum der regionalen Genusskultur, die sogenannte

Genussakademie Burgenland.

 

Abbruch und Zubau

 

Bei Planungsbeginn wurde ein leergeräumter, ehemaliger Gastronomiebetrieb vorgefunden. Nach ausführlicher denkmalpflegerischer und archäologischer Befundung durch das Bundesdenkmalamt sah der Entwurf vor, die bestehende und denkmalgeschützte Struktur weitgehend zu übernehmen und rezente Einbauten durch Abbruch zu entfernen.

Für die geplante Nutzung als Genussakademie war es notwendig, die öffentlich zugänglichen Flächen des Objekts barrierefrei zu gestalten. Am westlichen Grundstücks-ende entstand daher ein zentraler Zubau, der neben dem Empfang die WC-Gruppe, ein Sessellager sowie in einem aufgesetzten Stockwerk die Haustechnik enthält. Solcherart entstand ein großzügiger, hoher Raum mit einer mobilen Bar, von dem aus man das Herzstück der Genussakademie betritt: den hochbarocken, gewölbten Veranstaltungsraum, der in der Vergangenheit die Weinpressen des Esterhazyschen Weinguts beherbergte.

Im ältesten, nordwestlichen Trakt des ehemaligen Schlosses, der bis auf das Spätmittelalter zurückgeht, befindet sich in attraktiven Gewölberäumen ein Shop als zentrale Informations- und Anlaufstelle. Von dort aus wird auch der mit grünem Schiefer belegte „Genusskeller“ erschlossen, in dem sich von der Käsereifung über das Brotbacken bis hin zur allgegenwärtigen burgenländischen Weinkultur alles um den sprichwörtlich guten Geschmack dreht.

Der Genusskeller ist über eine Stiege mit der neu errichteten Lehrküche und damit auch wieder mit dem zentralen Veranstaltungsraum verbunden. Dieser Küchenzubau mit seinem steilen Walmdach tritt im Gebäudeensemble formal kaum in Erscheinung. Auch das zentrale Empfangsgebäude ist in seinem Auftreten schlicht.

Der Neubau ist mit einer sägerauen, grau lasierten Fichtenholzfassade verkleidet, was sowohl in seiner Oberflächenhaptik Anleihen bei den historischen Stadlbauten nimmt, die schon in den 1960er-Jahren im Buch Anonymes Bauen Nordburgenland von Architektenlegende Roland Rainer eine tragende Rolle gespielt haben.

Auch die Hofgestaltung ist äußerst schlicht. Die historischen Putzfassaden haben in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt wieder ihre charakteristische weiße Farbe zurückbekommen. Die Hofflächen sind mit Wiener Würfeln gepflastert. Vor dem neu errichteten, zentralen Empfangsgebäude ist eine durch Sandsteinmauern eingefasste, holzbelegte Terrassenfläche entstanden, die sich an einem großen Lindenbaum orientiert. In den Randbereichen der Hofanlage wurden bestehende Baumgruppen ergänzt sowie durch standorttypische Süßmandelbäume und durch Gräser und Kräuter des pannonischen Raums ergänzt.

Über zwei historische, überdachte Außenstiegen mit Eichenholzstufen erreicht man die nicht öffentlichen Büro- und Seminarräume im 1. Stock. Zum Straßenraum hin ist ein wunderbar gewölbter Trakt für die Installation eines eigenständigen und natürlich ebenfalls barrierefreien Bistros vorbereitet. In den weitläufigen historischen Kellern des Edelhofs befinden sich neben Lagerflächen das in Aufbau befindliche burgenländische Weinarchiv, aber auch weitere bemerkenswerte, der Weinkultur gewidmeten Gewölbe für die öffentliche Nutzung.

Der Bauherr der Genussakademie, das „Burgenländische Genuss- und Agrarmarketing“, legte bei diesem Bauvorhaben u. a. auf regionale Wertschöpfung großen Wert.

 

Projektpartner aus der Region

 

So zeichnet beispielsweise die Ingenieurbürogross GmbH aus Eisenstadt für die Planung der umfangreichen und vielfältigen Haus- und Gebäudetechnik im Leisserhof-Neu verantwortlich. Ing. Rudolf Gross und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten an Hand dieses Auftrags ihr gesamtes Potenzial und ihre weitreichenden Kompetenzen unter Beweis stellen.

Die Planungen des IBG Gross wurden vom Neckenmarkter 1a-Installateurbetrieb Scheu und seinem Team von 48 qualifizierten Mitarbeitern realisiert. Die Scheu GmbH führte die gesamten Gas-, Heizungs-, Wärmepumpen-, Sanitär- und Klimainstallationen aus.

 

Quelle des Genusses

 

Das Martinsschlössl in Donnerskirchen avancierte durch die fachmännische Revitalisierung inklusive Zubauten zu einer Quelle des Genusses – in kulinarischer wie auch in architektonischer und bautechnischer Hinsicht.

 

Fotos: Klaus-Jürgen Bauer Architekten / Rainer Schoditsch

Projektpartner Martinsschlössl Donnerskirchen

 

Bauherr: Burgenländisches Genuss- und Agrarmarketing

Architekt: Klaus-Jürgen Bauer Architektur

Haus- und Gebäudetechnik: INGENIEURBÜROGROSS GmbH, Eisenstadt

HKLS: 1a Installateur Scheu, Neckenmarkt

Fotos: Rainer Schoditsch, Wien

 

 

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