Saniert: Secession, Wien I.
"Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit"

 

Das Ausstellungshaus der Wiener Secession zählt zu den bekanntesten Beispielen der europäischen Architektur an der Wende vom Historismus zur Moderne. Von Otto Wagner und Gustav Klimt inspiriert, schuf Joseph Maria Olbrich mit diesem „Tempel für die Kunst“ ein Schlüsselwerk des Wiener Jugendstils. (Otto Kapfinger, aus dem Buch „Secession 1898 – 2018“) 

Zum 120-jährigen Bestandsjubiläum des Secessionsgebäudes erstrahlt das viel besuchte Wiener Bauwerk wieder in neuem Glanz. 

Die umfangreichen Sanierungsarbeiten umfassten das äußere Erscheinungsbild, unter anderem die denkmalgeschützte Fassade und das markante Markenzeichen der Secession, die Goldene Kuppel, die Verbesserung der Barrierefreiheit, die technische Infrastruktur, die Neugestaltung des Untergeschoßes und den Shop. Sie wurden von der Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession unter der Federführung von Architekt Adolf Krischanitz (siehe Interview auf Seite ...) durchgeführt. „Ich freue mich, dass wir die Renovierung eines der bedeutendsten Jugendstilgebäude in Österreich erfolgreich abschließen konnten und es somit auch für künftige

Generationen erhalten bleibt“, betont der Präsident der Künstlerinnen- und Künstlervereinigung Secession, Herwig Kempinger.

Die Gesamtkosten betrugen rund 3,5 Millionen Euro netto. Ein Drittel davon finanzierte die Künstlerinnen- und Künstlervereinigung mit Hilfe von privaten Spendern und Sponsoren selbst, jeweils 1,2 Millionen Euro wurden vom Bundeskanzleramt und der Stadt Wien beigetragen.

 

Modernisierung im Fokus

 

Intention der aktuellen Sanierung, die mehr als 30 Jahre nach der letzten generellen Instandsetzung erfolgte, war in erster Linie die Modernisierung im Hinblick auf die Gebäude- und Ausstellungstechnik. Es wurde also keine

Neuinterpretation des Gebäudes angestrebt, was angesichts des bestehenden Denkmalschutzes auch nur schwer möglich wäre. 

Architekt Adolf Krischanitz, der bereits die Generalsanierung in den Jahren 1985/‘86 geleitet hatte, konnte erneut für diese herausfordernde Aufgabe gewonnen werden. Die Realisierung des Bauvorhabens erfolgte sodann in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt Wien und wurde von Dezember 2017 bis Anfang September 2018 bei laufendem Ausstellungsbetrieb durchgeführt.

 

Gebäudetechnik

 

Federführend bei Sanierung und Erneuerung der Gebäudetechnik war VASKO+PARTNER, Wien. Dort plante und koordinierte man folgende Arbeiten: 

• Erneuerung der bestehenden Heizungssteuerung und der bestehenden Heizungsverteiler;

• Erneuerung der Gas- und Wasserleitung im Hausanschlussbereich;

• Einbau einer mechanischen Brandrauchverdünnungsanlage für eine Fluchtstiege;

• Installierung einer neuen Lüftungsanlage im 1. Untergeschoß;

• Errichtung neuer Sanitärräume für die Besucher;

• Erneuerung der Kälteerzeugungs- und -verteilungsanlage;

• Einbau eines Aufzugs für den barrierefreien Zugang zum Klimtfries;

•  Erneuerung der elektrotechnischen Anlagen für Beleuchtung und Sicherheitsbeleuchtung.

 

Kuppel, Fassade, Glasdach

 

Eine weithin sichtbare Maßnahme war die Restaurierung der Kuppel, deren schmiedeeiserne Konstruktion mit einem Durchmesser von 8,5 Metern von der Firma Schmiedetechnik Steiner in Stockenboi, Kärnten, für die Dauer von rund sechs Monaten – von November 2017 bis Mai 2018 – demontiert wurde. Im Zuge der Arbeiten stellte sich heraus, dass die Kuppel baufälliger war als angenommen: Die Verankerung der Tragkonstruktion in den vier Pylonen war demzufolge nahezu vollständig zersetzt.

Auf Grundlage einer umfassenden Befundung wurde die Unterkonstruktion originalgetreu und nach historisch überlieferten Methoden mit 800 Nieten befestigt und Reparaturschweißungen sowie Ausbesserungen an der Stützkonstruktion vorgenommen. 

Weiters wurden die durch Korrosionsschäden stark beschädigten oder fehlenden Blätter und Beeren in der Schmiedewerkstatt Steiner neu geschmiedet sowie alle 2.500 Lorbeerblätter und 342 Beeren von Restauratoren der Vergolderfirma Kratochwill sowie den Restauratoren Ulrike Rossmeissl und Wolfgang Schwarzkogler neu beschichtet und vergoldet. Aktuellen Erkenntnissen zur originalen Farbgebung folgend, wurden  Stützkonstruktion und Rückseiten der Blätter in einem helleren Grünton als 1985 gestrichen.

Die markante Fassade wurde nach dem fachmännischen Ausbessern der schadhaften Stellen im Putz entsprechend dem Farbkonzept von 1985 gestrichen sowie die Schriftzüge und Ornamente neu vergoldet.

Beim ebenfalls überaus sanierungsbedürftigen Glasdach wurde die Eindeckung der vier Laternen aus Okalux-Verbundgläsern ersetzt.

 

Restaurieren & konservieren

Modernisierung Innenräume

 

Bei den Maßnahmen im Inneren des Secessionsgebäudes lag einer von mehreren wesentlichen Schwerpunkten auf der Verbesserung der Barrierefreiheit. So ist durch den Einbau eines neuen Aufzugs der berühmte Beethovenfries im zweiten Untergeschoß erstmals auch für Rollstuhlfahrer barrierefrei zugänglich.

Um den Schutz des fragilen Werks in unmittelbarer Nähe der Bauarbeiten zu gewährleisten, wurden diese von einem Monitoring mit hochsensibler Erschütterungsmessung begleitet.

Weiters erfuhren die bestehenden Aufzugsanlagen eine komplette Erneuerung und auch der Einbau eines barrierefreien WCs konnte realisiert werden.

Die technische Sanierung des Gebäudes umfasste unter anderem die Klimaanlage, Lüftungstechnik, Brandschutzmaßnahmen sowie die Erneuerung der Toilettenanlagen.

Sämtliche Ausstellungsräume wurden mit modernsten LED-Leuchten der Firma Zumtobel ausgestattet, deren Lichtstärke und Farbtemperatur nunmehr individuell steuerbar sind.

 

Neustrukturierung Untergeschoß und Lager

 

Im Zuge einer Neuordnung des ersten Untergeschoßes wurde ein neuer Veranstaltungsraum geschaffen, der in der Verlängerung der bestehenden Galerieräume sowohl für Ausstellungen als auch Vorträge, Buchpräsentationen oder Mitgliedertreffen genutzt werden kann.

Im ersten Untergeschoß der Secession wurde die Mitgliederbar der Künstlerinnen- und Künstlervereinigung nach einem Entwurf der Künstlerin Maruša Sagadin neu gestaltet. 

Auch der Secessions-Shops präsentiert sich mit Möbeln der Firma Vitra in einem neuen Look.

 

Reigen der Kranzträgerinnen

 

Anlässlich des 100. Todestages von Koloman Moser (1869 – 1918) wird in Kooperation mit dem BDA Wien auf der hinteren Seitenfassade der Secession ein Musterfeld seines Freskos Reigen der Kranzträgerinnen gezeigt. Das Fresko wurde von Moser 1898 für das im selben Jahr errichtete Secessionsgebäude geschaffen. Es hat ursprünglich die rückwärtige Fassade der Secession geschmückt und wurde 1907 wieder abgeschlagen. Im Zuge der Sanierung 2017/18 wurde ein Teil des Frieses als wissenschaftliche Forschungsarbeit für eine begrenzte Zeit rekonstruiert (Fotos unten).

Als Grundlage für die Rekonstruktion – als ausführender Restaurator zeichnet Johannes Duda für die erfolgreiche Umsetzung der umfangreichen Arbeiten verantwortlich – dienten Fotomaterial und Beschreibungen des Werks aus der Entstehungszeit. Zuerst wurde eine Lochpause nach dem entzerrten, maßstabgetreuen Ausdruck eines historischen Fotos erstellt. Der dreischichtige Putzaufbau erfolgte in  sog. Tagwerken, die dem Motiv folgen. Wichtig ist dabei, dass die zuletzt aufgetragene Feinputzschicht noch feucht ist, wenn das Relief geschnitten wird. Um eine große Lebendigkeit in der Gesamtwirkung zu erreichen, wurden dabei kleine Ungenauigkeiten durch die händische Ausführung bewusst in Kauf genommen. Anschließend wurden die strukturierten Flächen im Hintergrund mit Zweigruten gestupft und die Kränze und Haare modelliert. Die Farbgebung stützt sich auf historische Quellen. Während die Vergoldungen, die weißen Gewänder und die terrakottafarbenen Umrisslinien vollständig belegbar sind, konnten andere Teilbereiche des Frieses, wie die Farbigkeit der Wellen im Hintergrund und der dunkle Besenstupfputz, nur näherungsweise umgesetzt werden.

Das Fresko Reigen der Kranzträgerinnen mit seiner durchlaufenden Komposition tanzender Mädchen war ursprünglich auf der gesamten rückwärtigen Fassade und den hinteren Seitenwänden zu sehen. Der skulpturale Wandschmuck vereint auf die für den Jugendstil typische Weise flächiges Ornament mit lebendiger Linienführung. Durch die Wellenlinien im Hintergrund und die schwungvollen Kleider, vor allem aber durch die abwechselnd von vorne und von hinten gezeigten Oberkörper der Mädchen verleiht Moser der strengen Aneinanderreihung der Figuren Bewegung und Dynamik.

 

Stadterneuerungspreis 2019

 

Alles in allem kann man die Sanierungs- und Rekonstruktionsarbeiten am Wiener Secessionsgebäude als überaus gelungen bezeichnen. Ein Urteil, dem sich auch die Jury anschloss, die die Gewinner zum Wiener Stadterneuerungspreise 2019 kürte. Die Ing. Felix Novotny Baugesellschaft m.b.H. – führte im Zuge der Secessionssanierung die allgemeinen Bauarbeiten durch – freut sich, gemeinsam mit der Architekt Krischanitz ZT GmbH über die Zuerkennung des diesjährigen Sonderpreises der Jury. 

Fotos: Secession / Jorit Aust / eSel - Lorenz Seidler / Novotny Baugesellschaft m.b.H. 

  

Projektpartner Secession, Wien I.

 

Bauherr: Vereinigung bildender KünstlerInnen Wiener Secession

Architektur: Adolf Krischanitz ZT GmbH

Bauausführung: Ing. Felix Novotny Bauges.m.b.H.

Baustoffe: Baumit GmbH

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