Fachhochschule Wiener Neustadt
Lehren und Lernen in alter und junger Infrastruktur

 

Lange bevor dort, wo einst die Ordenshäuser der Barfüßigen Karmeliter situiert waren, zwischenzeitlich eine Bandfabrik gefragte Waren produzierte, ein Witwenheim eingerichtet und schließlich ein Kino betrieben wurde und wo heute mit der Fachhochschule Wr. Neustadt eine leistungsstarke Bildungseinrichtung ihre Dienste anbietet, befand sich ein Ensemble von Deutschordensgebäuden, vermutlich mit Kirche, Wirtschaftstrakt und Wohnungen. Davon ist so gut wie nichts mehr erhalten. Archäologische Grabungen und Befundungen dokumentieren „Bauwerke in Stein- und Holzbautechnik“, die auf das 13. bis 15. Jahrhundert datiert werden konnten. Vom 17. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts bewirtschaftete der Karmeliterorden bestehende und neu errichtete Gebäude, ehe das großteils denkmalgeschützte Ensemble zunächst in privates und schließlich in öffentliches Eigentum überging.

 

City Campus

 

Den altbauneu-Herausgebern war es ein Vergnügen, im Zuge einer exklusiven Führung durch den Geschäftsführer der FH Wr. Neustadt, Mag. Peter Erlacher, auf die Besonderheiten des Sanierungs-, Um-, Zu- und Neubauprojekts hingewiesen zu werden. 

Die Highlights bilden dabei ganz generell die optisch wie funktionell überaus gelungene Vermählung von alter Bausubstanz mit zeitgemäßer Bildungsinfrastruktur, im Speziellen jedoch die Neuerrichtung des fünfgeschoßigen, ovalen Wissensturms, der das Auditorium maximum sowie weitere größere Vortragssäle beherbergt, die architektonisch hochwertige Sanierung der als Kulturraum genutzten ehemaligen Karmeliterkirche, die nun wieder in ihrer gesamten großen Dimension erlebbar ist und auch Lese- bzw. Studienzonen Platz bietet, sowie die Implementierung der einzigartigen Bibliothek im Zentrum. „Letztere stellt mit ihrem öffentlichen und gleichzeitig wissenschaftlichen Charakter ein völlig neues und innovatives Zentrum für Information, Wissen, Literatur und Unterhaltung dar“, zeigt sich Erlacher begeistert. 

Komplettiert wird das Bild von räumlich großzügigen und medientechnisch erstklassig ausgestatteten Hörsälen und Laboren, einem offenen, hellen und einladenden Foyer und nicht zuletzt einem zukunftsorientierten Start-Up-Center mit Co-Working-Space. 

Besonders spannend sind bei derartigen Bauvorhaben die Kombinationen von Alt und Jung bzw. die Übergänge von Bestands- zu Neubauten. Architekt DI Karl Scheibenreif von der ARGE Scheibenreif ZT GmbH / Strixner ZT GmbH erklärt die drei grundsätzlichen Überlegungen dazu wie folgt: „Erstens galt es, den Bestand möglichst effektiv zu nutzen; zweitens, das beeindruckende Kirchenschiff wieder in seiner ursprünglichen Form herzustellen;  und drittens, die erforderlichen Zubauten nur in wenigen Dreh- und Angelpunkten an den Bestand anzudocken. Auf diese Weise bleibt die beeindruckende Präsenz des denkmalgeschützten Objekts erhalten.“

Architekt Scheibenreif weist in diesem Zusammenhang unter anderem auch auf den historischen Klosterhof hin, der sich auch nach Abschluss der umfangreichen Adaptierungen und Zubauten in seiner Gesamtheit weitgehend unangetastet präsentiert. Lediglich ein „eleganter, gläserner Zubau fügt sich in die historische Struktur ein“.  „Alles in allem entsteht ein ‚bewegter Campus‘, ein Geflecht aus Bereichen für Kommunikation, offenes Lernen und Miteinander, aber auch erforderliche Rückzugs- und Studierzonen“, so Arch. Scheibenreif abschließend.

 

Symbiotische Lösungen

 

Was bei ähnlichen Bauvorhaben nicht immer der Fall ist, nämlich „glückliche“ Denkmalschützer zu sehen, gelang beim City Campus Wr. Neustadt in vorbildlicher Weise. Dies betont auch der NÖ Landeskonservator im Bundesdenkmalamt, HR Dr. Hermann Fuchsberger. Er schreibt: „Der heutige City Campus, das ehemalige Karmeliterkloster, stellt ein Lehrbeispiel für den zeitgemäßen Umgang mit Baudenkmälern dar. In enger Zusammenarbeit aller Beteiligten wurde mit ausreichender Vorlaufzeit das durch jüngere Nutzungen überlagerte Areal bauhistorisch analysiert, um die denkmalrelevanten Bereiche zu sondieren.“ „ ... “

Durch die überaus umfangreichen Sanierungs- und Revitalisierungsmaßnahmen, die im Zuge der Neustrukturierung des Areals umgesetzt wurden, konnte der barocke Bestand, der ab Inbesitznahme des Ensembles durch die Karmeliter um 1700 gegeben war bzw. ab diesem Zeitpunkt neu errichtet wurde und dessen Substanz vom Unter- bis ins Dachgeschoß weitgehend erhalten blieb, bewahrt und einer zukunftsorientierten Nutzung zugeführt werden.

Das gelungene Zusammenspiel von Alt und Jung orientiert sich an den Bestandsbauten, vor allem am beeindruckenden Hauptschiff der ehemaligen Karmeliterkirche und an den Gebäuden, die einst den Klostertrakt bildeten. Hier docken die Neubauten an, die, um den Bestand zu schonen, Stiegen und Liftanlagen aufnehmen, hier werden gleichzeitig Vergangenheit und Zukunft geatmet, hier entstehen jene symbiotischen Lösungen, die auch städtebauliche Relevanz – z. B. der Vorplatz – erlangen.

 

Fotos: FH Wiener Neustadt

Projektpartner Fachhochschule Wiener Neustadt

 

Bauherr: FH Wr. Neustadt

Architektur: ARGE Scheibenreif ZT GmbH / Strixner ZT GmbH

 

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