Im Interview

DI ANTON MAYERHOFER, ARCHITEKT  

Leben und Arbeiten in historisch gewachsenen Ortskernen

 

Die „nachhaltige Wiederbelebung baulicher Strukturen im Burgenland“ – speziell in Form von historischen Streckhöfen – ist zu einem Fachgebiet der Architektur geworden, der sich hierzulande SpezialistInnen in den Bereichen Sanierung in Kombination mit zeitgemäßer, moderner Architektursprache und -stilistik angenommen haben. Architekt DI Anton MAYERHOFER ist ein engagierter Vertreter dieser Gruppe. Er führt im altbauneu-Interview aus, wie seine Herangehensweise in Bezug auf „Wohnen im Streckhof“ aussieht.

 

Welche Grundüberlegungen müssen angestellt werden, um den Streckhöfen im Burgenland das Überleben zu sichern? 

Mayerhofer: Da muss ich etwas weiter ausholen. Das Burgenland war historisch immer ein umkämpftes Gebiet. Die Dörfer wurden oft verwüstet und immer wieder aufgebaut. Das Baumaterial lieferte die Natur selbst aus der näheren Umgebung. Alte Volksarchitektur ist materialgebunden.

Die Zerstörungen durch die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert waren in den Dörfern überschaubar.Die meisten Straßenbilder der burgenländischen Dörfer wurden daher erst in den 1970er- und 1980er-Jahren des vorigen Jahrhunderts nachhaltig verändert  – und leider oft zerstört. Ein Großteil der historischen Wohngebäude wurde straßenseitig abgetragen und durch Neubauten ersetzt, ohne Rücksicht auf Maßstab und Ortsbild.

Aktuell verfallen sehr viele der landwirtschaftlichen Hofgebäude und Stadel in den noch erhaltenen Streckhöfen. Durch den Abbruch gehen die räumlichen Qualitäten der Höfe und die historische Ortsstruktur unwiederbringbar verloren.

 

Wo lässt sich die Thematik bzw. die Problematik dieses Strukturwandels anhand praktischer Beispiele festmachen? 

Mayerhofer: Vielerorts im Burgenland – vom Seewinkel bis in den Landessüden. Bleiben wir in der Mitte und schauen wir uns meinen Heimatort, die Weinbaugemeinde Neckenmarkt, näher an. Dort passierte nach der „üblichen Zerstörung“ auch viel Positives.

Bereits 1982 wurde in der Marktgemeinde Neckenmarkt eine Fassadenaktion in die Wege geleitet, bei der über 100 Fassaden nach einem gestalterischen Konzept erneuert, teilweise rückgebaut und saniert wurden. Ab 1997 wurde unter großer Beteiligung der Bevölkerung das erste umfassende Dorferneuerungskonzept erstellt. Aus baukultureller Sicht war der Erhalt der Streckhöfe, der Stadel und der historischen, ortsbildprägenden Gebäude ein großes Anliegen und Programm für die weitere Entwicklung des Ortsbildes.Dieses Konzept wurde 2010 evaluiert und den zukünftigen Anforderungen und Entwicklungen angepasst.

 

Welche Rolle spielt dabei die oft zitierte Generationenfrage, derzufolge „die Alten“ vernichtet haben was „die Jungen“ jetzt unter großen Anstrengungen wiedergewinnen müssen bzw. wollen? 

Mayerhofer: Eine ganz wesentliche. In Neckenmarkt ist es durch periodische Bauberatungen gelungen, die teilweise leerstehenden Streckhöfe zu sanieren. Wohnen und arbeiten sollte – so die Zielsetzung – weiter im Ortskern möglich sein. Alle Weingüter wurden im Ortsverband gehalten und ausgebaut. Junge Familien konnten überzeugt werden, die Streckhöfe der Vorfahren zu sanieren und – teils gemeinsam mit den Großeltern – wieder im Ortskern zu wohnen. Die Grundstruktur der Streckhöfe eignet sich hervorragend dazu.

Vor 10 Jahren, 2012, wurde die Marktgemeinde Neckenmarkt mit dem Baukulturgemeinde-Preis als Bestätigung für die langjährige, konsequente Arbeit im Bereich der Baukultur ausgezeichnet.

Eine Baukultur zu haben und zu pflegen, bedeutet nicht nur, neue, zeitgemäße Entwicklungen zu berücksichtigen, vielmehr muss sie sich auch um den Erhalt wichtiger ortsbildprägender Bauten der Vergangenheit kümmern. Plätze, Siedlungen und öffentliche Bereiche sollen so gestaltet werden, dass Leben (mit Familie, Freizeitgestaltung etc.) und Arbeiten in den ländlich geprägten Gemeinden nicht nur möglich, sondern auch attraktiv ist.

 

Das Thema Wohnen ist in letzter Zeit in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt. Einerseits aufgrund hoher und ständig steigender Immobilienpreise, andererseits auch wegen des Bodenverbrauchs, wobei vor allem das freistehende Einfamilienhaus zunehmend polarisiert. Wie stehen Sie zu dieser Form des Wohnens?

Mayerhofer: Als Architekt sehe ich das eher pragmatisch. Auf der „grünen Wiese“ zu planen, lässt im Rahmen der derzeit geltenden und von Region zu Region durchaus unterschiedlichen Bebauungsbestimmungen viele Möglichkeiten zu. 

Es ist eine Herausforderung, das Gebäude so zu planen, dass Passanten kein unerwünschter Einblick gewährt wird. Ein zentrales Thema ist daher die Einbeziehung des Außenraums und die Verbindung mit dem Garten in funktionaler und in räumlicher Hinsicht.

„Wir bauen mit der Sonne.“ In den heißen, pannonischen Sommern verhindern Auskragungen zu große Hitzeentwicklung durch Sonneneinstrahlung auf die Glasflächen. Im Winter trifft die tief stehende Sonne direkt auf die Glas- und damit auf die massiven Speicherflächen und unterstützt somit das Heizsystem.

Der Um- und Weiterbau der typischen burgenländischen Hofbebauung mit ihren intimen Hofräumen ist eine gute Alternative für diese Form des Bauens. Für mich und mein Team stellt der hohe Anspruch, den wir uns dabei selbst stellen, immer wieder eine kreative Herausforderung dar, der wir gerne entsprechen.

 

Herr Architekt DI Mayerhofer, danke für das Gespräch!

Architekt DI Anton Mayerhofer ZT GmbH

• 7311 Neckenmarkt, Bahngasse 1, 0664 1510012

• 1120 Wien, Gaudenzdorfer Gürtel 73/3/6, 01 8171912

office@mayerhofer.co.at

 

Die Fragen stellte altbauneu-Herausgeber Manfred MURCZEK

 Fotos: Architekt DI Anton Mayerhofer ZT GmbH

DIE SCHREIBMEISTER OG • A-2491 Neufeld an der Leitha • Lisztgasse 2       www.schreibmeister.info


IHRE ANSPRECHPARTNER:

 

Irene Murczek                        Manfred Murczek                    

i.murczek@speed.at             murczek@speed.at                 

+43 676 956 59 72                   +43 676 610 62 97