Martinkaserne Eisenstadt
Sanierte Kaserne für ein selbstbewusstes Heer

 

Der mächtige, 1853-1858 errichtete Komplex der ursprünglich als k.k. Kadetteninstitut am Südhang des Leithagebirges erbauten Martinkaserne sollte viele Jahrzehnte den städtebaulichen Gegenpol zu der im Westen der Stadt situierten Schlossanlage der Fürsten Esterházy bilden.
Nach Abtretung des Baugrundes durch die Stadtgemeinde Eisenstadt wurde nach planerischen Vorgaben des Armee-Oberkommandos unter der Bauleitung von Sigismund von Malinowski, Hauptmann des Genie-Stabes, das langgestreckte, symmetrisch angelegte dreiflügelige Hauptgebäude errichtet. Die breite, durch drei Giebelrisalite gegliederte Fassade des auf Materialsichtigkeit konzipierten Ziegel- und Quadersteinbaus wurde, in Anlehnung an das damals in Errichtung befindliche und für weitere Militärbauten dieser Zeit bestimmende Wiener Arsenal in mittelalterlich-maurischen Formen des „Romantischen Historismus“ gestaltet. Auf dem parkartigen Areal, das durch die Errichtung der Beamtenhäuser (1926-31) im Südwesten der Anlage deutlich verkleinert wurde, wurden eine Schwimmschule mit dazugehörigem Vorwärmbassin und ein Turnplatz, an der nordwestlichen Grundstücksgrenze verschiedene Nutzbauten errichtet.
Seit vielen Jahren werden in Etappen Restaurierungen an dem zentralen Monumentalbau durchgeführt: Nach der behutsamen Restaurierung der Kapelle in den 1990er Jahren erfolgten die Restaurierung im der Sockelzone aus Naturstein und die Sanierung der historischen Umfassungsmauer der Kasernenanlage sowie der Wasserableitung im Bereich der Altane, die von einem Steinrestaurator instandgesetzt wurde. Vier rezente, nach dem 2. Weltkrieg ausgewechselte Seitentore wurden nach Plänen der Architekturabteilung des BDA erneuert. In einer weiteren Etappe erfolgte die Innenrestaurierung im Bereich des westlichen Erdgeschoßflügels. In jüngerer Zeit wurde auch das ursprüngliche Erscheinungsbild des repräsentativen Vestibüls wiederhergestellt.

Musterfläche restauriert

Mag. Klaus Wedenig und sein Team von der denkmalpflege G.M.B.H. demonstrierten 2012 an Hand der Restaurierung einer Probeachse an der Nordseite des Westflügels des Hauptgebäudes der Martinkaserne Vorgangsweisen und Methoden der Sanierung. Die Sanierungsarbeiten am weitaus größeren „Rest“ der Fassade des mächtigen, in neoromanisch-maurischem Stil errichteten Ziegelbaus wurden bis 2015 entsprechend der Wedenig‘schen Expertise von Pittel + Brausewetter, Wien, ausgeführt. Die denkmalpflege G.M.B.H. fungierte dabei als „begleitende Beratung und Kontrolle“.
Die folgende Beschreibung der Arbeiten bezieht sich auf die oben erwähnte Probeachse. Diese ist jedoch für die gesamte Fassade der Martinkaserne repräsentativ.
Im Zuge der Besichtigung der Fassade vor Beginn der Arbeiten wurde festgestellt, dass bei einigen Sichtziegeloberflächen und bei den glasierten Keramikelementen sowie Zierteilen bei früheren Restaurierungen in den 1950er-Jahren farblich abgestimmte Kunststeinelemente verwendet wurden. Aufgrund des guten Erhaltungs-zustands konnten diese bei der aktuellen Restaurierung großteils belassen werden.
Im gesamten Fassadenbereich waren die Stein- und Sichtziegel-oberflächen sowie die Oberflächen der Terrakotta-Zierteile durch Vogelkot, Vogelnester, Flugstaub und -erde stark verschmutzt und insbesondere an den regenabgewandten Stellen mit schwarzen Gipssinterschichten (Glas- und/oder Zäpfchensinter) überzogen. Weiters zeigten sich Schäden durch Verwitterung, von der oberflächlichen Zermürbung des Materials bis hin zu tief greifendem Substanzverlust: Stellenweise fehlten Ziegel oder Teile davon. Bei zahlreichen Sichtziegeln und Architekturelementen aus Kroisbacher (H/Fertörakos) und St. Margarethener Kalksandstein waren die Oberflächen aufgewittert und aufgrund partiellen Bindemittelverlusts stark sandend.
Zahlreiche Fugen standen offen und boten Angriffsfläche für Bewuchs.
Die Terrakottaelemente wiesen kleinere und größere Fehlstellen, hervorgerufen durch mechanische Einwirkung und/oder Bewitterung, auf. Da diese ohne zusätzliche Armierungen lediglich eingemauert waren, kam es bereits zum Verlust einiger dieser Zierelemente. Teilweise wurden an ansonsten noch intakten Bereichen Zementergänzungen vorgenommen.
Auch die Steinteile waren durch rostende Armierungen sowie Feuchtigkeit bzw. Frost und Salze partiell geschädigt, und zwar vorwiegend in Form von Aushöhlungen, Abplatzungen und Rissen.
Beschädigungen, Ausbrüche und fehlerhafte Stellen von früheren Restaurierungen waren vor allem im Bereich der Pfeiler zu sehen, wo teils großflächige Ergänzungen mit Grauzement vorgenommen wurden. Die Ecktürmchen an den Pfeilern zeigten ausgeprägte Risse durch Rostsprengung der eingesetzten Eisendorne, die die Statik desselben gefährdeten.

Schritt für Schritt saniert

Den Beginn der Arbeiten bildete also die restauratorische Befundung vor Ort sowie die fotografische Dokumentation der Schadensbilder.
Zunächst wurden unsachgemäß durchgeführte Ausbesserungen und Zementplomben aus früherenRestaurierungen entfernt und gerissene Fugen geöffnet.
Vogelkot, Flugstaub und -erde wurden zum Teil manuell entfernt, zum Teil abgesaugt. Weiters musste die Fassade von Fremdteilen jeglicher Art (Schrauben, Dübel und alte Befestigungsmittel) befreit werden.
Silikonreste, Überriebe und alte Ergänzungen an den Naturstein-oberflächen an der Fassade, den Pfeilern und den Ornamenten wurden vorsichtig manuell mit Skalpellen, Spachteln, Mikromeisel und anderem dafür geeigneten Kleinwerkzeug entfernt.
Bereits lockere und somit vom Absturz bedrohte Ziegel- und Steinteile wurden vor dem Bearbeiten abgenommen oder fixiert. Die Sicherung erfolgte durch Hinterfüllen und Verkleben mit dem Untergrund,
Klebe- und Injektionsharze wurden in Abstimmung mit den weiteren Maßnahmen ausgesucht: Abgehobene Schalen wurden punktuell, massive gebrochene Teile kraftschlüssig mit Epoxidharz (Akepox 5000, dünnflüssig, und Akepox 5010, gelartig) verklebt und, wo erforderlich, zusätzlich mit Kohlefaser- und/oder Glasfieberstäben und/oder gedrehtem Nirostastahl („Brutt Saver Spiralankersystem“, Fa. Ruberstein) vernadelt.
Sämtliche Fassadenteile aus Kalksandstein wurden mit Kieselsäure-Ethylester Wacker OH 100, 1:3 verdünnt mit Ethanol, vorgefestigt. Der Auftrag erfolgte durch Fluten. Um oberflächliche Krustenbildung und Verglasung zu verhindern, wurden die behandelten Oberflächen je nach Erfordernis mit reinem Ethanol abgemagert. Nach den Vorfestigungsmaßnahmen wurde eine Reaktionszeit von mindestens zwei Wochen eingehalten.
Die Fassadenflächen wurden vorwiegend mit druckgeminderten Sandstrahlverfahren bzw. Niederdruckstrahlverfahren unter Verwendung von feinem Aluminiumsilikat als Strahlmittel gereinigt.
In wenigen Fällen, vor allem im Bereich der Gliederungselemente aus Kalksandstein, mussten hart-näckige Schmutz- und Sinterkrusten mit Mikrosandstrahl (Jos-Piccolo-Verfahren) entfernt werden.
Das verwendete Strahlgut wurde dabei jeweils auf den Untergrund abgestimmt, um Schäden an den originalen Oberflächen zu vermeiden (Kalzitpudermehl oder Aluminiumsilikat „Sintox“, Fa. Eder, Korngröße 0,02 – 0,08 mm). Verschmutzungen durch Algen-, Moos- und Flechten-Bewuchs wurden mit druckreduziertem Hochdruckreiniger vorsichtig entfernt.
Nach Abschluss der Reinigungsarbeiten wurde das auf waagrechten Flächen und Vorsprüngen der Fassade verbliebene Granulat mit dem Staubsauger entfernt.
Um weiteren Schäden durch Mikroorganismen vorzubeugen, wurden alle betroffenen Oberflächen einer dreimaligen bioziden Behandlung mit Antimoos, verdünnt mit Wasser im Verhältnis 1:15, unterzogen. Nach eintägiger Einwirkzeit wurde mit klarem Wasser neu-tralisiert. Bewuchsreste wurden mit weichen Nylon- oder Naturfaserbürsten entfernt.
An einigen besonders stark geschädigten Stellen war eine partielle Nachfestigung notwendig: Die Steinoberflächen wurden wieder mit KSE Wacker OH 100 (Verdünnung 1:1) geflutet. Nach der Behandlung wurden Glanzstellen mit Ethanol abgemagert.
Tiefgreifende Risse und Haarrisse wurden mittels druckloser Injektagen mit Epoxidharz (größere Risse) und 7 %igem Paraloid (kleinere Haarrisse) verklebt und – wo erforderlich – mit Glasfieber- und Nirostastäben vernadelt.
Der für Ergänzungen, Kittungen und Inkrustationen verwendete Kunststeinmörtel wurde hinsichtlich seines optischen Erscheinungsbilds (Farbe, Korngröße, Struktur) sowie in seinem physikalischen Verhalten in ausgehärtetem Zustand (Dichte, Druck- und Biegefestigkeit) dem Material des Denkmals angeglichen.
Zur Verbesserung der Haftung wurde zum Vornetzen mit Wasser verdünntes Primal E 330 EF im Verhältnis 1:12 verwendet, auch dem Anmachwasser wurde Primal E 330 EF im Verhältnis 1:12 beigegeben.
Notwendige Inkrustationen von Fehlstellen wurden mindestens zweilagig ausgeführt: Als untere Schicht wurde ein grober Kunststeinmörtel aus vier Raumteilen (RT) Kalksteinsand der Körnung 0 – 8 mm und 1 RT Bindemittel (NHL 5 und Weißzement) aufgebracht.
Als oberste Schicht wurde ein Feinmörtel im Mischungsverhältnis wie oben mit einer Sandkönung von 0 – 3 mm in verschiedenen Farben verwendet. Offene Fugen wurden ausschließlich mit einer Mischung aus Kalk, Romanzement und Sand im Mischverhältnis 2:1:6 und farblich an den Bestand angepasst, geschlossen. Die ergänzten Oberflächen wurden randgleich an die jeweiligen Umgebungsstrukturen angeglichen.
Zur Erzielung einer dem Steinmaterial entsprechenden Oberflächenstruktur wurden die Ergänzungen mit Spachteln und anderem Modellierwerkzeug geglättet oder nach dem Abbinden abgezogen. Größere Kittungen und Ergänzungen von abgebrochenen Ecken und Kanten oder exponierten Teilen wurden mit Nirostaspiralanker bewehrt. Als Haftbrücke zwischen Armierung und Mörtel und zur Verklebung der Stäbe mit dem Stein wurde Epoxidharz Akepox 5000 verwendet.
Tiefgreifende Fehlstellen beim Stein wurden mitttels Natursteinvierungen aus adäquatem St. Margarethener Kalksandstein ergänzt. Die Oberflächenbearbeitung erfolgte analog dem angrenzenden Bestand. Versetzt wurden die Steinteile kraftschlüssig mit dem Mauerverband, wenn notwendig wurden Nirostabewehrungen eingesetzt. Als Versetzmörtel diente PCI Carrament weiß. Als Fugenmörtel wurde der gleiche Mörtel wie oben beschrieben verwendet.
Nach ausreichendem Austrocknen der Untergründe wurden sämtliche Kalksandsteinelemente mit einer dünnen, einlagigen, pigmentierten Schlämme – ein Teil Unger Sumpfkalk drei Monate, ein Teil Kalksteinmehl, Wasser mit Zusatz von 3 % Primal E 330 EF – aufgebracht. Der Anstrich wurde nass-in-nass auf die vorgefeuchtete Steinoberfläche aufgebracht. An exponierten Stellen wurde zwei-lagig gestrichen.
Die erste Schicht wurde bis zum Porenverschluss in den Stein einmassiert, die zweite dünn lasierend aufgetragen. Überschüssige Schlämme wurde zur Gewährleistung der Lesbarkeit der Formen mit trockenen Pinseln und weichen Bürsten entfernt.
Abschließend wurden die Steinoberflächen mit einer Hydrophobierung Funcosil SNL der Firma Remmers versehen.
Die normalen Ziegeloberflächen wurden mittels Niederdruck-Trockenstrahlverfahren vorsichtig gereinigt, ein manuelles Nachreinigen erfolgte mit Feinwerkzeugen. Alle mechanischen Reinigungsverfahren wurden unter möglichster Schonung der Materialien bzw. deren Oberflächen durchgeführt. An Oberflächen mit Anzeichen von Flechten- und Algenbewuchs wurde eine Behandlung mit Antimoos vorgenommen. Nach einer 24-stündigen Einwirkzeit wurde das aufgebrachte Antimoos der Firma Baurex mit reinem Wasser neutralisiert.
Größere Fehlstellen an den Terrakottazierteilen wurden durch Ergänzungsmassen aus Ziegelmehl, Quarzsand und Schamotte-Ziegelsplitt (bzw. Ziegelmehl für den Feinmörtel) sowie Dyckerhoff Weißzement als Binder im Verhältnis 4:1 geschlossen. Zur Verbesserung der Haftung wurde die Fehlstelle mit Wasser vorgenetzt.
Die verschiedenfärbigen Ziegel-oberflächen (rot und gelb) wurden mit farblich entsprechend abgestimmten Feinmörteln („Funcosil Restauriermörtel“, Fa. Remmers) ergänzt. Offene Fugen wurden mit hydraulischem Fugenmörtel unter Zugabe von NHL 3,5 und Sandzuschlag im richtigen Siebkurvenverhältnis, Ziegelsplit und einem geringen Anteil Sumpfkalk geschlossen.
Die von Keramo-Graf, Stoob, reproduzierten Terrakotte-Elemente wurden mit dem Fliesen- und Natursteinkleber Botament in die vorgesehenen Bereiche versetzt.
Die Farbigkeit der Retusche an den Fehlstellen wurde dem Terrakottafarbton angepasst und mit Aquarellfarben durchgeführt. Kleinere Fehlstellen an den glasierten Oberflächen wurden zusätzlich mit einem gilbungsarmen Epoxidharz ergänzt. Abschließend wurden die unglasierten Keramikoberflächen mit einer Hydrophobierung Funcosil SNL der Firma Remmers versehen.

(Quellenangabe: Dokumentation der Restaurierung einer Probeachse an der Nordseite des Westflügels des Hauptgebäudes der Martinkaserne Eisenstadt; Mag. Klaus Wedenig, denkmalpflege G.M.B.H., 1180 Wien; 2012)

 

Fotos: Mag. Klaus Wedenig

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