Ankerbrot Lofts, Wien X.

Leben, Arbeit, Kultur in zwölf Objekten

 

Am 1. März 2017 nahm der Initiator der Brotfabrik, Immobilien-entwickler Walter Asmus, das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien entgegen. „Walter Asmus ist ein Kulturentwickler, der Industriebauten wirksam zu Heimstätten für Kulturinitiativen umfunktioniert. Damit hat er für die Stadt Wien zusätzlichen Mehrwert geschaffen, der kein ökonomischer, sondern ein kultureller ist“, so Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny im Rahmen der Ordensverleihung.
Was zu dieser Auszeichnung geführt hat, ist mehr als bemerkenswert, denn es zeigt eindrucksvoll, wie Vision in Realität umgesetzt werden kann. Gemeinsam mit seinen Partnern vom 2009 gegründeten Bauherrn, der Loft City GmbH & Co KG – Lukas Groh, Michael Wagner von Groh-Wagner Architekten, und Anton Wallner, Wallner Bau, Graz – plante Asmus minutiös den Umbau der stillgelegten Flächen der ehemaligen Ankerbrot Fabrik zu einem kreativen, vitalen, vielseitigen Kultur-, Arbeits- und Lebenszentrum.

Ursprung vor 125 Jahren

1892 begannen Heinrich und Fritz Mendel nach Plänen von Friedrich Schön am Standort Wien Favoriten ihre Brot- und Gebäckfabrik aufzubauen. Als Firmensymbol ließen sie einen Anker in ihre Brote einprägen – die Geburtsstunde von Ankerbrot.
Es folgten Jahre und Jahrzehnte der Expansion mit vier weiteren, gut festmachbaren Ausbauphasen:  1900, 1912, 1922 und 1927. Entsprechend heterogen und komplex präsentiert sich die Gebäudestruktur – trotz diverser Interventionen während und nach dem Zweiten Weltkrieg – gute 100 Jahre später.
Für die Architekten des Büros Groh-Wagner stellten sich allein durch Anordnung und Zustand der Bestandsgebäude besondere Herausforderungen. Diese begannen bei der Frage der Erschließung und wurden mit der Erstellung von Um- und Ausbauplänen für die insgesamt zwölf Objekte nicht geringer.  
Über die Anforderungen des Denkmalschutzes hinaus – zu Beginn der Umbauarbeiten standen (nur noch) der ehemalige Getreidespeichers und die Fassade von Objekt 6, an der Absberggasse gelegen, unter Schutz – war es den Entwicklern der sogenannten Brotfabrik ein Bedürfnis, auch historisch wertvolle Gebäude, die keinen Schutzstatus (mehr) genossen, zu erhalten und teils sogar in ihren ursprünglichen Zustand rückzubauen. Auch die am östlichen Ende des Areals gelegene, riesige Expedithalle aus dem Jahr 1912 wurde 2016 vom neuen Eigentümer, der Expedithalle Verwaltungs GmbH, mit der Auflage, die Halle nicht abzutragen, umgebaut. Daher dominiert auch heute noch die Markanz roter Backsteinmauern, wenngleich im spannenden, architektonischen Dialog mit modernen Formen und Mate-rialien, wie Metall, Glas, Beton etc.
Freilich bestand nach eingehenden Untersuchungen auch die Notwendigkeit, nachträglich hinzugefügte Zweckbauten durch Abriss zu entfernen, um beispielsweise eine direkte Passage vom Eingang an der Absberggasse über den großen Innenhof bis zur bereits erwähnten Expedithalle zu ermöglichen.  
Durch Abriss-, Adaptierungs-, Um- und Zubauten entstanden in den zwölf Objekten multifunktionale Einheiten, wie Hallen, Ateliers, Schauräume, Büros, Lofts und Gastronomieräumlichkeiten, die durch neue Infrastruktur – HKLS- und Elektroinstallationen, Kanalisation, IT, Brandschutz ... – und zeitgemäße Erschließung durch Aufzüge, (außenliegende) Stiegenhäuser und Gänge, PKW-Stellplätze und Garagen höchsten Anforderungen gerecht werden.

Praxis am Bau

Kaum jemand kann sich besser vorstellen, was es heißt, Um- und Zubauten in großem Stil zu realisieren, als die mit den damit verbundenen Arbeiten Beauftragten. Ein Unternehmen, das maßgeblich an großen Objekten in der Brotfabrik tätig war, ist die Ing. Wozak & Ing. Werl KG, Architekten und Stadtbaumeister mit Sitz in Schwechat. altbau neu hat stellvertretend für alle am Bau tätigen Bauleiter mit Bmstr. Ing. Onur Öntürk gesprochen, der sich an die besonderen Herausforderungen, die er und sein Wozak & Werl-Team zu meistern hatten, erinnert: „Vor allem die
Revitalisierung der neun je rund 1.000 m2 umfassenden Etagen von Objekt 42, das direkt an die Expedithalle anschließt, brachte durchaus knifflige Aufgaben mit sich: angefangen vom Abbruch des Liftschachts, der desolaten Decken über dem 3. und 7. Obergeschoß bis hin zur schonenden Restaurierung des Stiegenhauses und der Errichtung großzügiger Penthouses (Sky Lofts im Bereich 8. und 9. Obergeschoß des historischen Objekts) in Stahlskelettbauweise etc.
Parallel dazu waren wir auch mit der grundlegenden Sanierung von Objekt 1, des ehemaligen Verwaltungsgebäudes an der Absberggasse, beauftragt. Als Highlights haben wir dort u. a. das alte Dach abgetragen, eine rund 30 cm dicke Fundamentplatte betoniert, einen Lift sowie Balkone auf Stahlbetonstützen dazugebaut, die bestehende Putzfassade saniert, gespachtelt und endbeschichtet.
Wir konnten bei diesen beiden Objekten, wie auch im Zuge der Sanierung der Objekte 14 (ehemaliger Silo in Holzbauweise) und 16 (Trafostation) unser gesamtes Know-how unter Beweis stellen. “
Generell galt es, Fingerspitzengefühl im Umgang mit alter Bausubstanz zu zeigen. So konnte dem Wunsch des Auftraggebers nach Berücksichtigung und Beibehaltung des Gewerbe- und Loftcharakters Rechnung getragen werden, beispielsweise indem massiv ausgeführte Revitalisierungen mit Mauerziegeln hergestellt wurden, die beim Abbruch anderer Objekte und Gebäudeteile anfielen.

Die Expedithalle

Eine spezielle Betrachtung ist die Expedithalle allemal wert, zählt sie doch zu den prägendsten Teilen des gesamten Ankerbrot-areals. Zur Zeit ihrer Errichtung zählte sie mit einer Fläche von rund 2.200 m2 zu den größten stützenfreien Hallen Europas. Es handelt sich dabei um ein imposantes Stahlfachwerk von gut 40 m Länge in einem nicht minder beeindruckenden Tonnengewölbe.
Ignaz Gridl junior (1867 – 1933) erbrachte 1912 diese technische Meisterleistung. Die Firma Gridl, von Ignaz Gridl sen. 1862 gegründet und Erbauer von bekannten Gebäuden, wie z. B. des Palmenhauses in Schönbrunn, der Gasometer in Wien-Simmerung, der Kolonnaden in Marienbad sowie zahlreicher großer Glas- und Gewächshäuser in den Kronländern der österreichisch-ungarischen Monarchie, wurde 1934 von Waagner-Biró erworben...
Dort, wo vor mehr als einem Jahrhundert Pferdefuhrwerke ein- und ausfuhren, um Wien mit Brot zu versorgen, fanden 2016 umfangreiche Arbeiten statt, um den Umbau sowie den Einbau eines dreigeschoßigen Gebäudes zu realisieren.
„Sogar dieser spektakuläre Bau hätte aus Sicht der involvierten Behörden abgebrochen werden können“, wundert sich Walter Asmus über diese Einschätzung und ihre möglichen Folgen. „Wenn ich das nicht übernommen hätte, wäre jetzt alles weg.“
Heute zählt die sanierte Expedithalle zu den beliebtesten Veranstaltungsorten Wiens für Konzerte und Theateraufführungen. Die Akustik in der Halle ist dank Heraklithdämmung und Holzstöckelboden perfekt. Modernste Haus- und Medientechnik, wie beispielsweise Klimaanlage, Fußbodenheizung, Licht- & Soundkomponenten, wurde in dieses historische Bauwerk integriert, um während Veranstaltungen größtmöglichen Komfort zu bieten.
Durch die Übergabe der Räumlichkeiten an die Expedithalle Verwaltungs GmbH ist der Erhalt dieses historischen Gebäudes sowie der kontinuierliche Betrieb als hochwertige Veranstaltungsstätte langfristig gesichert. 

Fotos:

© Klaus Pichler/Anzenberger/Brotfabrik Wien;
Loft City GmbH & Co KG /
© AnnABlaU;

Novum Locations / © Alexander Bernold:

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